Rucksack oder Pulka – Nicht nur eine Glaubensfrage

Voller Bewunderung sah ich in der Hardangervidda junge Frauen mit 100-Liter-Rucksäcken auf Ski in ästhetischer Leichtigkeit die Hügel heruntersausen. Das waren aber auch Norwegerinnen, die haben das Skifahren im Blut, sagt das Klischee. Ich selbst bin leider kein so guter Skifahrer und schon gar nicht mit Rucksack oder einer Pulka. Mit Schneeschuhen ist ein großer Rucksack vielleicht noch besser zu koordinieren, aber sein Gewicht und Volumen verlangen dir dennoch etwas ab. Wäre es leichter mit einer Pulka? Wie kannst du deine Ausrüstung im Winter am besten transportieren?

Inhaltsverzeichnis

Massenweise Gepäck im Winter

Im Winter ist alles voluminöser, allein Schlafsack, Isomatte und Daunenjacke fallen um ein Vielfaches größer aus, als im Sommer. Auch im Zelt darf im Winter etwas mehr Platz sein, falls du dort tagelang abwettern musst. Es wird mehr Proviant und Brennstoff benötigt, da du dir dein Wasser selbst schmelzen musst. Sicherheitsausrüstung wie eine Schneeschaufel und Ersatzkleidung sind relevante Gegenstände, die auf keiner Tour fehlen sollten. Kurzum: Wählst du den Rucksack, bleibt wenig Platz für die kleinen Annehmlichkeiten wie Daunenbooties, eine kleine Gaslaterne oder auch einfach nur ein gutes Buch.

Die Entscheidung zwischen Rucksack und Pulka Schlitten hängt vor allem von der Dauer und der Beschaffenheit der Tour ab. Klar dürfte aber bei rucksacktauglichen Touren sein, dass es sich um ein sehr großvolumiges Modell handeln muss. Auch ein Modell mit einem Packvolumen von 90 Litern ist schnell gefüllt. Bedenke: Eine einfache Pulka hat bereits etwa 250 Liter Stauraum.

Mit Rucksack auf Wintertour?

Bei der Frage Rucksack oder Pulka kommt der Rucksack augenscheinlich nicht so gut weg, aber hat auf jeden Fall seine Vorteile bei kürzeren Touren im Gebirge, z. B. auch zu Trainingszwecken oder dem Test der Ausrüstung. Auch bei Winter-Hüttentouren ohne Zelt reicht ein Rucksack aus und ist in der Hütte viel flexibler. Verzichten würde ich dennoch nie auf ein Mindestmaß an Sicherheit mit Windsack, Isomatte, Schlafsack und Schneeschaufel, falls ich die Hütte nicht erreiche. Weitere Situationen, in denen der Rucksack klar von Vorteil ist:

  • bei der Anreise mit verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln
  • in Gebieten mit Flussüberquerungen, die nicht vollständig zugefroren sind
  • bei warmen Bedingungen mit langen schneefreien Abschnitten
  • an sehr steilen Hängen
  • auf felsigen, exponierten Graten
  • sobald zwischendurch geklettert werden muss
Die Pulka für längere Touren, der Rucksack für kürzere (Foto: Malte Hübner)
Die Pulka für längere Touren, der Rucksack für kürzere

Mit Pulka auf Wintertour?

Für längere Touren in flachen Gebieten ist dennoch die einzig sinnvolle Wahl der Griff zur Pulka. Bei einer Pulka handelt es sich um einen Lastschlitten zum Transport von Gepäck. Viele sprechen daher auch vom Pulkaschlitten. Ob es korrekt die oder der Pulka heißt, ist dabei noch einmal eine andere Frage.

Einfache Modelle wie der Paris Expedition Sled, die Aiguille-Pulka (früher Snowsled) oder der vergleichsweise teure Fjellpulken Transporter sind geformte Wannen aus kältebeständigem Kunststoff ohne weiteres Zubehör. In der Mittelklasse findet sich Jemtlander mit verschiedenen Modellen. Jemtlander stammt aus dem gleichen Hause wie Hilleberg und bietet etwas weichere Kunststoffwannen mit Kufen, Gestänge und passenden Packtaschen. Noch weicher wäre die Siglin Pulk, die für mich aber eher die professionelle Version meiner ultraleichten Pulka darstellt.

Hochwertige Einsteigermodelle von Acapulka und Fjellpulken haben in der Regel ein fest vernähtes Verdeck und Kufen aus HD-PE, kosten aber bereits 800-1200 Euro. Günstiger fällt nur das preislich interessante Modell der Savotta Pulka aus, bei der das Gestänge bereits enthalten ist. Hochwertigere (oder einfach nur besonders leichte) Expeditionsmodelle sind preislich nach oben hin offen und nur für spezielle Unternehmungen vorstellbar. Ein Beispiel wäre die PE Wanne mit Tasche und Zugseil bei Thomas Ulrichs „Beluga²“ für knackige tausend Euro.

Einfache Pulka Modelle können schon viel

Die einfachen Pulka-Modelle reichen für den Anfang vollkommen aus und bieten genügend Zuladung für die übliche Gepäckmenge. Auch das Gleitverhalten der einfachen Pulkawannen ist sehr gut. Wenn du damit allerdings Hänge queren willst, neigt eine einfache Pulka ohne Kufen zum Wegrutschen. Mehr Stabilität bzw. Kippsicherheit bieten die Kufen der teureren Modelle. Bei diesen Modellen gibt es dann oft verschiedene Varianten für mehr Beladung bzw. größeres Volumen. Diese großen Pulkas sind aber für die normalen Touren schnell überdimensioniert.

Wie funktioniert eine Pulka?

Der erste große Vorteil einer Pulka im Vergleich zum Rucksack ist der erhebliche größere Stauraum. Der zweite Vorteil ist, dass man sein Gepäck zieht, anstatt es zu tragen. Dafür benötigst du einen Zuggurt oder befestigt die Pulka am Hüftgurt eines kleinen Rucksacks. Wahlweise ziehst du über ein festes Gestänge oder ein Zugseil. Je bergiger es wird, desto eher wird ein Gestänge empfohlen. Denn das Zuggestänge hat den Vorteil, dass die Pulka bergab nicht auffährt, führt jedoch gleichzeitig zu einem höheren Kurvenradius. Zu den unterschiedlichen Gestängearten (Bambus, Metall, Kunststoffe) und Zugseilen gibt es verschiedene Ideen.

Eine Pulka kannst du sowohl mit Ski als auch mit Schneeschuhen ziehen. Um die Steigungen mit der zusätzlichen Last hochzukommen, empfehle ich dir zu den Ski Steigfelle.

Tipp: Gemischte Gruppen mit Menschen mit Rucksack oder Pulka haben oft recht ungleiche Geschwindigkeiten und das sollte man auch für die Teamdynamik einplanen.

Ruckdämpfer einbauen

In der topfebenen Fläche gefrorener Seen wirst du es kaum vermuten, aber da deine Bewegungen nie vollkommen fließend sind, ruckelt die Pulka im unebenen Gelände gerne etwas am Gurtzeug. Dafür gibt es aber einen einfachen Trick: Mit einer doppelt gelegten Schlinge aus 8 mm Gummikordel kannst du dir einen einfachen, aber effektiven Ruckdämpfer zwischen Hüftgurt und Pulka hängen. Ich habe diese Gummischlinge in einer Schlaufe des Pulkagurtes verknotet und hänge den Karabiner des Pulkagestänges dort hinein. In ein Zugseil kannst du die Gummikordel entsprechend einknoten. Das Gummi darf in beiden Fällen nicht zu weich sein, sonst kannst du nicht genug Kraft auf die Pulka übertragen und schaukelst dich zu Tode.

Am gerne beworbenen Ruckdämpfer im Pulkagestänge von Fjellpulken stört mich, dass er eine Neigung zum Quietschen bei jeder Bewegung hat. Das nervt mit der Zeit sehr.

Pulkas sind vergleichsweise sperriger und nehmen viel Platz ein (Foto: Malte Hübner)
Pulkas sind vergleichsweise sperriger und nehmen viel Platz ein

Meine Erfahrung spricht für den Lastenschlitten

Für Touren mit Zelt und mehr als drei Nächten und unter Voraussetzung einer weitgehend geschlossenen Schneedecke würde ich immer zur Pulka greifen. Dabei reichen die kleineren Modelle (bis 150 cm Länge) in der Regel für Touren bis zu zwei Wochen aus. Größere Modelle verleiten in dem Fall dazu, unnütze Dinge mitzunehmen.

Für die Pausen und das Allernötigste habe ich manchmal ein Daypack mit ca. 30 Litern dabei. So muss ich in der Pause nicht an die Pulka.

Ich selbst komme mit einem etwas modifizierten Paris-Pulka-Selbstbau gut aus, besitze aber auch eine Acapulka Expedition 135. In der Gruppe reicht mir die kleine, leichte und stabile Paris und ist bei der Anreise einfach praktischer. Allein bietet die Acapulka etwas mehr Platz, ist aber deutlich schwerer.

Pulka leihen oder selbst bauen

Wenn du zunächst ausprobieren möchtest, ob so eine Pulka etwas für dich ist oder du dir für deine erste Tour nicht gleich selbst eine anschaffen möchtest, biete ich dir einen tollen Service: meinen kostenlosen Pulka Verleih.

Alle Bastelfreudigen finden bei mir die Anleitung zum Selbstbau einer Paris Pulka. Es gibt viele weitere Umbauten mit mehr oder weniger nützlichen Details. Lass dich gerne in Foren und auf Youtube inspirieren. Wenn du selbst bereits einen Gepäckschlitten nutzt, dann schau dir doch noch meinen Beitrag für etwas mehr Komfort mit der Pulka an.

Jetzt bist du an der Reihe. Welche Fragen hast du? Was gefällt dir an diesem Beitrag? Was möchtest du ergänzen? Lass es mich in einem Kommentar wissen.

7 Gedanken zu „Rucksack oder Pulka – Nicht nur eine Glaubensfrage“

    • 😀 Das ist ja eine gute Idee! Tatsächlich hat der Vordermann aber eher eine wilde Befestigung (oranger Zurrgurt) gewählt, die nachgezogen werden musste. Ich denke, das hätte man niemals ziehen können.

  1. Hi!
    Auch ich nutze eine selbst gebaute Paris-Pulka mit einem Fjellpulken Gestänge. Leider nicht ganz billig aber funktioniert super:
    -> https://www.auf-tour.info/eine-pulka-im-selbstbau/

    Warum fast jeder Kufen an der Paris nachrüstet konnte ich auch nicht nachvollziehen. Der Seitenhalt am Hang war völlig ausreichend. Ich habe nicht einmal die Pulka umgeschmissen.

    Nach meinen Erlebnissen auf der Hardangervidda dieses Frühjahr würde ich auch nicht mehr unbedingt zu einem Gestänge greifen. Alle Norweger die ich getroffen habe, haben die Pulka an Reepschnur hinter sich her gezogen. Dazwischen war ein Stück Expander eingeknotet um die Stöße beim Laufen abzufedern. Klar, Bergab war das nicht so das Wahre, aber dafür kann man sich wurderbar frei um die Pulka bewegen ohne sich immer abschnallen zu müssen.

    Die Hardangervidda ist meiner Meinung nach nun auch nicht sooo kupiert, als das es unbedingt ein Gestänge braucht.
    Grüße!

    nico

    Antworten
    • Moin Nico,

      danke für deinen Kommentar. Schön, dass du deine eigenen Erfahrungen machst und die hier teilst.
      Mit den Kufen bzw. ohne diese haben wir ähnliche Erfahrungen gemacht. Nur auf harschigem Schnee bringen sie ein wenig Seitenhalt und die Pulka zieht sich leichter.
      Sobald es etwas hügeliger ist, bin ich ganz froh über das Gestänge. Mir geht es dann eher so, dass ich die Norweger nicht verstehe, die ich ohne Gestänge sehe. Den Bewegungsradius vermisse ich nur selten.

      Viele Grüße
      Malte Hübner (Winterfjell).de

  2. Hallo Malte,
    ich habe den Pod gehört und schon viel (!) Zeit auf Deiner Seite verbracht. Es fehlte bei der Aufzählung der Hersteller (wenn ich richtig zugehört habe) die Jemtlander Pulka. Recht neu im Geschäft. Nachdem mir eine geliehene Acapulka in Nordfinnland ständig aus der Spur gelaufen ist und/oder umgekippt ist, habe ich mich dafür entschieden. Bis jetzt eine Islandtour diesen Februar damit gemacht. Insbesondere die Länge und Breite sind gut, man kann flach packen, somit wenig windanfällig (auf Island echt nen Argument). Damit auch gut spurstabil. Das Material ist HDPE, daraus baut Prijon Kajaks, die lebenslang halten und das Ganze inkl. Gestänge und Halfter für einen konkurrenzfähigen Preis im Vergleich zu Fjellpulka oder Acapulka. Sollte man auf jeden Fall in Betracht ziehen. In Deutschland nicht einfach zu bekommen, aber über Aventurenordique problemlos.

    LG Matthias

    Antworten
    • Hallo Matthias,
      an einer Stelle im Text habe ich sie verlinkt. Kann sein, dass sie im Podcast unterging. Aber da mir selbst in freier Wildbahn noch keine untergekommen ist, konnte ich nicht viel verlässliches dazu sagen. Vielen Dank für deinen kurzen Erfahrungsbericht! Das klingt wirklich vielversprechend.
      Liebe Grüße
      Malte

  3. Hallo, eine Frage:
    Was passiert bzw. wie verhält sich eine Pulka, wenn ich von meinem Hüftgurt eine Y-Schlinge (Dämpfungszug – Gummi) zum Gestänge führe. D.h. ich habe das Gestänge der Pluka in der Mitte meines Körpers und beide Seiten sind durch eine starre Stange verbunden und die Mitte davon mit meinen Y-Gurt.
    Danke

    Antworten

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