Rucksack oder Pulka – Nicht nur eine Glaubensfrage

In einem Pulka lässt sich deutlich mehr verstauen als in einem Rucksack.
Rucksack oder Pulka? In einer Pulka lässt sich deutlich mehr verstauen als in einem Rucksack. (Foto: Malte Hübner)

Voller Anerkennung habe ich in der Hardangervidda junge Frauen mit 100-Liter-Rucksäcken auf Ski in ästhetischer Leichtigkeit die Hügel heruntersausen gesehen. Das waren aber auch Norwegerinnen, die haben das Skifahren im Blut, sagt das Klischee. Ich selbst bin leider kein so guter Skifahrer und schon gar nicht mit Pulka Schlitten oder Rucksack. Mit Schneeschuhen ist ein großer Backpack vielleicht noch besser zu koordinieren, aber sein Volumen schränkt trotzdem massiv ein.

Doch wie kannst du im Winter am besten deine Ausrüstung transportieren? Die Entscheidung zwischen Rucksack und Pulka Schlitten hängt vor allem von der Dauer und der Beschaffenheit der Tour ab. Klar dürfte aber auch bei rucksacktauglichen Touren sein, dass es sich um ein sehr großvolumiges Modell handeln muss. Ein Modell mit einem Packvolumen von 90 Litern ist schnell gefüllt. Eine einfache Pulka hat etwa 300 Liter Stauraum.

Gepäck massenweise

Im Winter ist alles großvolumiger, alleine Schlafsack, Isomatte und Daunenjacke fallen um ein vielfaches größer aus, als im Sommer. Auch im Zelt darf im Winter etwas mehr Platz sein, falls du dort tagelang abwetterst. Es wird mehr Proviant und Brennstoff benötigt, da du dir dein Wasser selbst schmelzen musst. Sicherheitsausrüstung wie eine Schneeschaufel und Ersatzkleidung sind relevante Gegenstände, die auf keiner Tour fehlen sollten. Kurzum: Wählst du den Rucksack, bleibt wenig Platz für die kleinen Annehmlichkeiten wie ein gutes Buch, eine kleine Laterne, den Flachmann mit Whisky und und und…

Rucksack?

Bei der Frage Rucksack oder Pulka kommt der Rucksack augenscheinlich nicht so gut weg, aber hat auf jeden Fall seine Vorteile bei kurzen Touren im Gebirge, z. B. auch zu Trainingszwecken oder dem Test der Ausrüstung. Auch bei einer reinen Hüttentour reicht ein Rucksack aus, wobei ich trotzdem nie auf ein Mindestmaß an Sicherheit (Windsack, Schlafsack, Schneeschaufel) verzichten würde. Weitere Situationen, in denen der Rucksack von Vorteil ist:

  • bei der Anreise mit verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln
  • in Gebieten mit Flussüberquerungen, die nicht vollständig gefroren sind
  • bei warmen Bedingungen mit langen schneefreien Abschnitten
  • an sehr steilen Hängen
  • auf felsigen, exponierten Gratlinien
  • sobald zwischendurch geklettert werden muss

Pulka?

Für längere Touren in flachen Gebieten ist dennoch die einzig sinnvolle Wahl der Griff zur Pulka. Bei einer Pulka handelt es sich um einen Lastschlitten zum Transport von Gepäck. Viele sprechen daher auch vom Pulka Schlitten. Ob es korrekt die oder der Pulka heißt, ist dabei noch einmal eine andere Frage.

Einfache Modelle wie der Paris Expedition Sled, die Aiguille-Pulka (früher Snowsled) oder der vergleichsweise teure Fjellpulken Transporter sind geformte Wannen aus kältebeständigem Kunststoff ohne weiteres Zubehör. In der Mittelklasse findet sich Jemtlander mit verschiedenen Modellen. Jemtlander stammt aus dem gleichen Hause wie Hilleberg und bietet Kunststoffwannen mit Kufen, Gestänge und passenden Packtaschen. Hochwertige Einsteigermodelle von Acapulka und Fjellpulken haben in der Regel ein fest vernähtes Verdeck und Kufen aus HD-PE, kosten aber auch 600-900 Euro. In diese Preisklasse fällt auch das preislich interessante Modell der Savotta Pulka, bei der das Gestänge jedoch bereits enthalten ist. Hochwertige (oder einfach nur besonders leichte) Expeditionsmodelle sind preislich nach oben hin offen und nur für spezielle Unternehmungen nötig.

Einfache Pulka Modelle können schon viel

Die einfachen Pulka-Modelle reichen für den Anfang vollkommen aus und bieten genug Zuladung für die übliche Gepäckmenge. Auch das Gleitverhalten der einfachen Pulkawannen ist sehr gut. Wenn du damit allerdings Hänge queren willst, neigt eine einfache Pulka zum Umkippen. Mehr Stabilität bzw. Kippsicherheit bieten die Kufen der teureren Modelle. Auch diese gleiten natürlich sehr gut, besonders bei festem Schnee. Bei den teureren Modellen gibt es oft verschiedene Varianten für mehr Beladung bzw. größeres Volumen. Diese großen Pulkas sind aber für die normalen Touren schnell überdimensioniert.

Der erste große Vorteil einer Pulka ist der erhebliche größere Stauraum. Der zweite Vorteil ist, dass man sein Gepäck zieht anstatt es zu tragen. Dafür benötigst du einen Zuggurt oder befestigt die Pulka am Hüftgurt deines Rucksackes. Wahlweise ziehst du über ein festes Gestänge oder ein Zugseil. Ein Zuggestänge hat den Vorteil, dass die Pulka bergab nicht auffährt, führt jedoch gleichzeitig zu einem höheren Kurvenradius. Zu den unterschiedlichen Gestängearten (Bambus, Metall, Kunststoffe) und Zugseilen gibt es etliche Diskussionen. Zusammenfassend behaupte ich: Je bergiger es wird, desto eher wird ein Gestänge gewählt.

Eine Pulka kannst du natürlich sowohl mit Ski als auch mit Schneeschuhen ziehen. Um die Steigungen mit der zusätzlichen Last hoch zu kommen, empfehle ich dir Steigfelle.

Tipp: Ruckdämpfer einbauen

In der topfebenen Fläche gefrorener Seen wirst du es kaum merken, aber da deine Bewegungen nie vollkommen fließend sind, ruckelt die Pulka im unebenen Gelände gern etwas am Gurtzeug. Dafür gibt es aber einen einfachen Trick: Mit einer doppelt gelegten Schlinge aus 8 mm Gummikordel kannst du dir einen einfachen, aber effektiven Ruckdämpfer zwischen Hüftgurt und Pulka hängen. Ich habe diese Gummischlinge in einer Schlaufe des Pulkagurtes verknotet und hänge den Karabiner des Pulkagestänges dort hinein. In ein Zugseil kannst du die Gummikordel entsprechend einknoten. Das Gummi darf in beiden Fällen nicht zu weich sein, sonst kannst du nicht genug Kraft auf die Pulka übertragen und schaukelst dich zu Tode.

Am gern beworbenen Ruckdämpfer im Pulkagestänge von Fjellpulken stört mich, dass er eine Neigung zum Quietschen bei jeder Bewegung hat. Das nervt mit der Zeit sehr.

Meine Erfahrung spricht für den Lastenschlitten

Für Touren mit mehr als drei Nächten und unter Voraussetzungen einer größtenteils geschlossenen Schneedecke würde ich immer zur Pulka greifen. Dabei reichen die kleineren Modelle (bis 150 cm Länge) in der Regel für Touren bis zu zwei Wochen aus. Größere Modelle verleiten in dem Fall nur dazu, unnütze Dinge mitzunehmen.

Für die Pausen und das allernötigste habe ich manchmal ein Daypack mit ca. 30 Litern dabei. So muss ich in der Pause nicht an die Pulka.

Ich selbst komme mit einem etwas modifizierten Paris-Pulka-Selbstbau gut aus, besitze aber auch eine Acapulka Expedition 135. In der Gruppe reicht mir die kleine, leichte und stabile Paris und ist bei der Anreise einfach praktischer. Allein bietet die Acapulka etwas mehr Platz, ist aber deutlich schwerer.

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Wenn du erstmal testen möchtest, ob so eine Pulka etwas für dich ist oder du für deine erste Tour nicht selbst eine anschaffen möchtest, biete ich dir einen super Service: meinen kostenlosen Pulka Verleih.

Die Bastler unter euch finden bei mir die Anleitung zum Selbstbau einer Paris Pulka. Es gibt viele weitere Umbauten mit mehr oder weniger nützlichen Details. Lass dich gerne in Foren und auf Youtube inspirieren. Wunder dich nicht, wenn dort nicht die Pulka, sondern der Pulka umgebaut wird. Das ist nämlich ein Thema für sich.

Wenn du selbst bereits einen Gepäckschlitten nutzt, dann schau dir doch noch meinen Beitrag für etwas mehr Komfort mit der Pulka an.

Jetzt bist du an der Reihe. Gefällt dir der Beitrag oder möchtest du etwas ergänzen? Dann freue ich mich über deinen Kommentar.

7 Kommentare zu „Rucksack oder Pulka – Nicht nur eine Glaubensfrage

    1. 😀 Das ist ja eine gute Idee! Tatsächlich hat der Vordermann aber eher eine wilde Befestigung (oranger Zurrgurt) gewählt, die nachgezogen werden musste. Ich denke, das hätte man niemals ziehen können.

  1. Hi!
    Auch ich nutze eine selbst gebaute Paris-Pulka mit einem Fjellpulken Gestänge. Leider nicht ganz billig aber funktioniert super:
    -> https://www.auf-tour.info/eine-pulka-im-selbstbau/

    Warum fast jeder Kufen an der Paris nachrüstet konnte ich auch nicht nachvollziehen. Der Seitenhalt am Hang war völlig ausreichend. Ich habe nicht einmal die Pulka umgeschmissen.

    Nach meinen Erlebnissen auf der Hardangervidda dieses Frühjahr würde ich auch nicht mehr unbedingt zu einem Gestänge greifen. Alle Norweger die ich getroffen habe, haben die Pulka an Reepschnur hinter sich her gezogen. Dazwischen war ein Stück Expander eingeknotet um die Stöße beim Laufen abzufedern. Klar, Bergab war das nicht so das Wahre, aber dafür kann man sich wurderbar frei um die Pulka bewegen ohne sich immer abschnallen zu müssen.

    Die Hardangervidda ist meiner Meinung nach nun auch nicht sooo kupiert, als das es unbedingt ein Gestänge braucht.
    Grüße!

    nico

    1. Moin Nico,

      danke für deinen Kommentar. Schön, dass du deine eigenen Erfahrungen machst und die hier teilst.
      Mit den Kufen bzw. ohne diese haben wir ähnliche Erfahrungen gemacht. Nur auf harschigem Schnee bringen sie ein wenig Seitenhalt und die Pulka zieht sich leichter.
      Sobald es etwas hügeliger ist, bin ich ganz froh über das Gestänge. Mir geht es dann eher so, dass ich die Norweger nicht verstehe, die ich ohne Gestänge sehe. Den Bewegungsradius vermisse ich nur selten.

      Viele Grüße
      Malte von Winterfjell.de

  2. Hallo Malte,
    ich habe den Pod gehört und schon viel (!) Zeit auf Deiner Seite verbracht. Es fehlte bei der Aufzählung der Hersteller (wenn ich richtig zugehört habe) die Jemtlander Pulka. Recht neu im Geschäft. Nachdem mir eine geliehene Acapulka in Nordfinnland ständig aus der Spur gelaufen ist und/oder umgekippt ist, habe ich mich dafür entschieden. Bis jetzt eine Islandtour diesen Februar damit gemacht. Insbesondere die Länge und Breite sind gut, man kann flach packen, somit wenig windanfällig (auf Island echt nen Argument). Damit auch gut spurstabil. Das Material ist HDPE, daraus baut Prijon Kajaks, die lebenslang halten und das Ganze inkl. Gestänge und Halfter für einen konkurrenzfähigen Preis im Vergleich zu Fjellpulka oder Acapulka. Sollte man auf jeden Fall in Betracht ziehen. In Deutschland nicht einfach zu bekommen, aber über Aventurenordique problemlos.

    LG Matthias

    1. Hallo Matthias,
      an einer Stelle im Text habe ich sie verlinkt. Kann sein, dass sie im Podcast unterging. Aber da mir selbst in freier Wildbahn noch keine untergekommen ist, konnte ich nicht viel verlässliches dazu sagen. Vielen Dank für deinen kurzen Erfahrungsbericht! Das klingt wirklich vielversprechend.
      Liebe Grüße
      Malte

  3. Hallo, eine Frage:
    Was passiert bzw. wie verhält sich eine Pulka, wenn ich von meinem Hüftgurt eine Y-Schlinge (Dämpfungszug – Gummi) zum Gestänge führe. D.h. ich habe das Gestänge der Pluka in der Mitte meines Körpers und beide Seiten sind durch eine starre Stange verbunden und die Mitte davon mit meinen Y-Gurt.
    Danke

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