
Bei dem Wort Nachhaltigkeit erwartest du direkt den moralischen Zeigefinger? Den kannst du bekommen: Reisen und Konsum nur zum Vergnügen sind ein Luxus, der die Umwelt belastet! Ganz so einfach möchte ich es mir dann aber doch nicht machen und setze voraus: „Keine Wintertour mehr“ ist keine akzeptable Lösung, auch wenn nur der Verzicht aufs Reisen radikal nachhaltig wäre. Ich habe mich jedoch gefragt, wo ich zunächst bei mir selbst etwas nachhaltiger werden kann und möchte meine Gedanken gerne teilen.
Was ist Nachhaltigkeit bezogen auf Wintertouren?
Üblicherweise wird bei Nachhaltigkeit von den drei Aspekten ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit gesprochen. Betrachtet wird dabei der gesamte Prozess von der Herstellung bis zum Lebensende des Produktes, teilweise sogar darüber hinaus. Es zählen also genauso die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter*innen mit in die Betrachtung von Nachhaltigkeit wie der biologische Abbauprozess des Produkts. Ich möchte hier aber keine wissenschaftliche Abhandlung schreiben, sondern praktisches Handeln steht für mich im Vordergrund. Außerdem lege ich den Schwerpunkt auf die ökologischen Faktoren. Vieles von den folgenden Informationen gilt für Outdoor-Produkte allgemein, aber es gibt Besonderheiten für Wintertouren. Vielleicht decke ich auch nicht jedes Detail ab. Wenn ich etwas Wichtiges übersehen habe, bin ich für einen Hinweis dankbar.
Nachhaltigkeit der Anreise zur Wintertour
Steigen wir direkt ein: Den größten Teil des CO²-Fußabdrucks einer Wintertour stellt die Anreise ins Winterfjell dar. Klar, irgendwie muss man ja hinkommen und nicht jede*r wohnt in der nächsten Nähe. Zwischen den zur Auswahl stehenden Verkehrsmitteln gibt es bekanntlich einige Unterschiede. Am klimafreundlichsten ist dabei die Anreise mit dem öffentlichen Personennahverkehr, also Bus und Bahn. Selbst wer mit mehreren Personen in einem Auto mit niedrigem Verbrauch anreist, ist ein wenig schlechter dran. Ob wir dabei mit dem Auto über die Brücken in den Norden fahren oder eine Fähre über die Ostsee nehmen, macht gar nicht so viel Unterschied für die Nachhaltigkeit. Den größten CO² Fußabdruck verursachen Flüge in den hohen Norden.

Es gibt verschiedene Emissionsrechner im Netz, mit denen ich meinen Kohlendioxidausstoß genauer berechnen könnte. Ich beziehe mich hier zur Übersicht auf die Zahlen einer norwegischen Umweltinitiative für Schulen, weil dort (ganz norwegisch) auch die durchschnittlichen Emissionswerte für Schneemobile aufgeführt werden:
Transportmittel | kg CO² pro Km und pro Passagier |
zu Fuß | 0,000 |
Dieselzug | 0,060 |
Elektrischer Zug | 0,065 |
U-/S-Bahn | 0,065 |
Bus | 0,069 |
Hybrid PKW | 0,084 |
Schneemobil | 0,094 |
Fähre | 0,115 |
Mittelklasse PKW | 0,133 |
Taxi | 0,170 |
Großer PKW | 0,183 |
Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass je nach Berechnungsart, Fahrzeugalter, Wartung, Fahrverhalten, Zwischenstopps und Form der elektrischen Energiegewinnung Abweichungen von diesen Zahlen anzunehmen sind. Die Unterschiede verdeutlichen trotzdem, womit gespart werden kann. Der ÖPNV liegt klar vorn, gefolgt von der „Fahrgemeinschaft“ im vollgepackten Spritspar-PKW.
Alle Tipps zum Weg in den Norden, unabhängig von den Gedanken zur Nachhaltigkeit, findest du übrigens in meinen Beitrag über die Anreise zur Wintertour.
Sind Flüge automatisch die schlechteste Wahl?
Rein unter dem Gesichtspunkt des ausgestoßenen Kohlenstoffdioxid betrachtet, muss ich auf das Fliegen verzichten, besonders auf Flüge mit Umwegen, Zwischenlandungen und Umstiegen. Direktflüge sind zwar klimafreundlicher und damit nachhaltiger, aber die Umweltbelastung eines Fluges lässt sich nicht kleinreden.
Doch es gibt noch mehr Faktoren: Wenn du in Flughafennähe wohnst, dann kannst du innerhalb eines Tages von der Haustür bis ins lappländische Fjell kommen und hast damit im Vergleich zum Zug einen Tag bei der Anreise gewonnen. Fairerweise solltest du bei solch einem Zeitvergleich immer den Weg zum Flughafen mit dem nötigen Zeitpuffer für den Check-In und die Gepäckaufgabe einrechnen, der bei der Anreise mit dem Zug viel kürzer ausfällt. Von vielen kleineren Bahnhöfen lässt es sich fast unmittelbar mit Ski starten und beim Flughafen braucht es erst noch einen Transfer. Schätzungsweise lohnt sich ein Flug zeitlich damit erst bei mehr als 2000 km Anreise und entsprechender Nähe zum Flughafen. Ich möchte das an einem Beispiel deutlicher machen.
Anreise mit dem Zug
Wenn ich hier in Hannover morgens um 6 Uhr in den IC steige, ist für meine Pulka im Fahrradabteil mehr Platz als in einem ICE. In Hamburg habe ich eine Stunde Zeit, in Ruhe das Gleis zu wechseln und mir noch ein Franzbrötchen samt Kaffee zu holen. Die deutsche Antwort auf Fika sozusagen. Mittagspause gibt es dann schon am Hauptbahnhof Kopenhagen, wo das Umsteigen ohne Treppen leichtfällt. Pünktlich zum Abendessen erreiche ich Göteborg, ebenfalls als Kopfbahnhof sehr pulkafreundlich. Nachdem ich mich für die Nacht eingedeckt habe, geht es in den Schlafwagen, der mich zum Frühstück in Östersund wieder herauswirft. Es sind gerade knapp über 24 Stunden vergangen, davon die meiste Zeit im Schlafwagen. Bis Storlien sind es jetzt noch 2 Stunden, bei Ankunft ist es hell und abends steht das Zelt im Enan-Tal.
Anreise mit dem Flugzeug
Mit dem Flugzeug hätte ich als erstes das Problem, dass es keine Direktflüge von Hannover nach Stockholm gibt. Aber nehmen wir mal großzügig an, ich würde in Berlin wohnen und hätte den neuen BER vor der Tür. Zum Flughafen würde ich mich um 5:30 Uhr aufmachen, eine Stunde wird der Weg mich kosten. Damit habe ich 2 Stunden am Flughafen für Check-In und Gepäckaufgabe. Um 8:30 Uhr hebt das Flugzeug ab und landet um 10 Uhr in Arlanda. Bis ich mein Sperrgepäck bei der Gepäckausgabe erhalten habe, vergeht noch einmal eine halbe Stunde. Der nächste Zug geht leider erst um 13 Uhr und kommt um 19 Uhr in Östersund an, sodass es keinen Anschluss mehr nach Storlien gibt und ich eine Nacht in einer Pension verbringe. Der Zug am nächsten Morgen ist der gleiche, den ich auch bei der Anreise nur mit Zug genommen hätte.
Zug oder Flug – Wer gewinnt den Vergleich?
Es geht mir mit diesem Beispiel darum, dass wir alle uns bei der Anreise auch darüber Gedanken machen, wie wir reisen. Die verlockend kurze Flugzeit ist in diesem Beispiel trügerisch und führt zu keinerlei Zeitgewinn, noch dazu wird deutlich mehr CO² ausgestoßen. Vom möglichen Stress mit der Pulka an der Gepäckaufgabe reden wir mal gar nicht erst.
Ich weiß aber auch, dass die beiden Geschichten bei der Anreise nach Kiruna anders verlaufen wären und zwei Nächte im Schlafwagen nicht für jede*n etwas sind. Ich finde es daher nachvollziehbar, bei entsprechender Entfernung auch einmal mit dem Flugzeug anzureisen. Nutze dann aber möglichst eine Kompensation des CO²-Fußabdruckes über eine Klimaschutzorganisation wie Wilderness International.
Nachhaltigkeit der Ausrüstung
Neben der Anreise trägt unsere Ausrüstung entscheidend zum ökologischen Fußabdruck bei. Hier ist es deutlich schwerer, konkrete Emissionswerte für die einzelnen Gegenstände zu finden. Vielmehr lassen sich generelle Handlungsempfehlungen für mehr Nachhaltigkeit geben.

Produktionsbedingungen checken
Hier zählen viele Aspekte von Nachhaltigkeit. Wo wurde mein Produkt hergestellt und was kann ich über die Herstellungsbedingungen erfahren? Was sagt der Hersteller dazu? Gibt es Standards, denen er sich verpflichtet hat? Bei manchen Prozessen wie der Aluminiumproduktion wird eine Menge Energie benötigt. Viele Hersteller geben inzwischen Informationen dazu an, denen ich aber mehr oder weniger vertrauen können muss. Übrigens können auch qualifizierte Fachhändler oft etwas dazu sagen. Fragt einfach vor dem Kauf einmal nach, das erhöht auch „den Druck“ auf die Branche.
Zu den Innovationen im Bereich nachhaltiger Produktion tragen oft wieder die kleinen Firmen bei, die interessante Konzepte wie die vollständig recyclebaren Ski von earylbirdski entwickeln. Zwar stehen sie noch vor großen Herausforderungen wie der Suche nach Industriepartnern in Deutschland und den Rücknahmemöglichkeiten beim Fachbhändler, aber die Vermeidung von allen unnötigen Umweltbelastungen ist auf jeden Fall der richtige Weg. Vielleicht entwickeln sie ja eines Tages auch Fjellski.
Lokal kaufen
Hier spielen vor allem sozialökonomische Kriterien mit hinein, da der Outdoor-Laden deines Vertrauens natürlich seine Mitarbeiter*innen fair bezahlen können soll und Arbeitsplätze schafft. Ökologischer kann daran auch sein, weniger Versand und Retouren zu erzeugen. Dennoch kann auch ein deutscher Onlinehändler nachhaltiger sein, als ein Direktvertrieb aus der Fabrik in China. Finanziell mag der China-Versand zwar günstiger sein, schwierig wird es dann aber bei Zoll, Widerruf, Garantiefällen oder Service. Retouren werden dann viel zu oft einfach vernichtet, anstatt wieder in den Handel zu kommen.
Gebraucht kaufen
Es ist bei den meisten Ausrüstungsgegenständen sinnvoll, zuerst auf dem Gebrauchtmarkt zu suchen. Ob Skiausrüstung, Kocher oder Winterschlafsack, häufig lässt sich damit nicht nur einiges an Geld sparen, sondern auch ökologischer handeln. Denn der Herstellungsprozess ist in der Regel der umweltbelastende Teil. Vorteil des Gebrauchtkaufs bei hochwertigen Produkten ist, dass ich sie auch nach ein oder zwei Touren für faire Preise wiederverkaufen kann, wenn sie mir doch nicht gefallen.

Wenig oder nur das Nötigste kaufen
Noch ökologischer wäre es, wenn ich grundsätzlich nur sehr wenig kaufe. Ich gebe zu, das fällt mir schwer, weil ich mich einfach für viele tolle Ausrüstungsgegenstände begeistern kann und sie gerne einmal ausprobieren möchte. Die Erfahrungen gebe ich dann aber gerne weiter und hoffe, mit Winterfjell die nötigen Informationen dafür zu liefern, dass du vorher für dich entscheiden kannst, was du wirklich brauchst und damit weniger kaufst. Ich gebe zu, das entlastet mich nicht wirklich und dient mehr als Alibi.
Eine Alternative ist es auch, sich Ausrüstung zu leihen. An dieser Stelle mache ich dich daher gerne auf meinen Pulka-Verleih aufmerksam.
Dinge lange nutzen
Auch die Outdoorbranche lebt davon, kleine Innovationen als etwas ganz Großes, vorher nie dagewesenes zu verkaufen. Sonst kauft sich ja niemand noch einen weiteren Topf. Es ist also sinnvoll, sich selbst zu fragen, ob man diese Innovation wirklich braucht oder sich für Nachhaltigkeit entscheidet. Je länger du deine Ausrüstung nutzt, desto besser. Dies gilt auch und vor allem für Kleidung.
Reparieren statt neu kaufen
Viele Gegenstände lassen sich mit wenig Aufwand wieder in Schuss bringen. Sei es ein neuer Verschluss für die Thermoskanne, die gestopfte Merinounterwäsche oder eine neue Skistockspitze. Das ist nicht nur ökologischer, sondern bereitet mich auch darauf vor, auf einer Tour mit dem Werkzeug für Wintertouren besser improvisieren zu können. Tatsächlich macht mir die Ausrüstungspflege und -optimierung zuhause großen Spaß. Der einzige Zeitpunkt, wo sie mich manchmal nervt ist direkt nach der Tour, wenn tonnenweise Material getrocknet, gewaschen und gecheckt werden muss.
Nachhaltigkeit der Kleidung
Um das Thema Nachhaltigkeit der Kleidung gibt es besonders viele Diskussionen. Zum einen ist Kleidung stärker Modeerscheinungen unterworfen als ein zeitloses Pulkagestänge, zum anderen wird in Funktionstextilien eine Menge an unterschiedlichen Materialien und Chemikalien eingesetzt. Es gibt zwar Label für umweltfreundliche Produktionen, aber ich kann dir noch nicht beantworten, welche davon wirklich verlässlich sind. Nur beim Bluesign-Siegel bin ich mir selbst recht sicher. Meist musst du dich wohl trotzdem umfassender mit dem Thema beschäftigen. Die kritischen Punkte möchte ich daher kurz ansprechen:
Tierwohl bei Leder, Daune und Wolle
Eine genaue Definition von Tierwohl ist schwierig. Wann fühlt sich eine Gans so richtig wohl? Was braucht ein Schaf? Wie geht es dem Rind? Die gesellschaftliche Diskussion ist oft von Doppelmoral verseucht und sobald ich neben dem Tierwohl auch noch den Ölbedarf der Kunststoffherstellung einbeziehen muss, wird es kompliziert. Dazu ein Beispiel:
Ein guter Daunenschlafsack hält locker 10 oder 20 Jahre und sein Inhalt kann professionell aufbereitet werden. Die Hülle bleibt die gleiche und braucht höchstens einmal eine Wäsche oder einen Flicken. Das packt kein Schlafsack mit Kunstfaserfüllung, der oft nicht mehr als 5 Jahre durchhält und nicht neu befüllt werden kann! Welches ist also das nachhaltigere Modell?
Ich habe für mich klar entschieden, dass Daune und Wolle für mich auf Grund ihrer Haltbarkeit und auch der Funktionalität zu den nachhaltigen Materialien gehören. Doch wie kann ich sicherstellen, dass die Bedingungen für das Tierwohl gleichzeitig so gut wie möglich sind?
Die Stiftung Warentest hat sich 2017 verschiedene Tierwohllabels angeschaut und festgestellt, dass vollständiges Tierwohl nirgends garantiert werden kann. Dennoch sind solche Labels und Standards das erste, worauf man schauen kann und geben zumindest ein Indiz. Für Daune gelten der Global Traceable Down Standard und der Responsible Down Standard als zuverlässig. Bei Wolle ist der Responsible Wool Standard vergleichbar, zielt aber vor allem auf das Tierwohl ab und hat weniger Anspruch auf soziale und ökologische Kriterien wie den Wasserverbrauch von Schaf-Farmen. Beim Leder wird es noch komplexer. Weit verbreitet ist die Meinung, dass chromfrei gegerbtes Leder besser sei. Für die pflanzliche Gerbung ist jedoch Tropenholz nötig, für das Regenwälder abgeholzt werden. Einen guten Einstieg am Beispiel Wanderstiefel liefert der Artikel vom Alpenverein.

Mikroplastik: Fleece ist am schlimmsten
Grundsätzlich lösen sich kleine Fasern von jeder Synthetikkleidung und können so in die Umwelt gelangen. Meist gelangen sie dann über die Schneeschmelze und Bäche ins Meer oder in das Trinkwasser. Auf diesem Weg werden sie oft noch weiter zerkleinert, sodass Mikroplastik entsteht. Mikroplastik lässt sich selbst in den meisten Kläranlagen noch nicht vollständig aus dem Wasser filtern. Und Mikroplastik finden sich in Fischen sowie anderen Meerestieren und reichert sich dort im Körper an. So landet es dann nicht selten nach dem Verzehr auch in unserem Körper. Mikroplastik stellt daher ein ernstes Problem dar, von vielen Menschen vollkommen unterschätzt, man sieht ja auch nichts davon.
Seit mir das Problem dank Birgit Lutz noch einmal deutlicher geworden ist, versuche ich besonders bei meiner Kleidung darauf zu achten. Dabei ist mir klar, dass ich bei Outdoorbekleidung für den Winter nicht vollständig auf Kunststoffe verzichten kann. Aber zum Beispiel ist mein Anorak aus etaproof organic cotton und damit plastikfrei und ohne PFC imprägniert. Viele andere Dinge sind aus Wolle und halten schon ewig. Am schlimmsten ist sowieso Fleecebekleidung, da sie die bei mechanischer Belastung die meisten Fasern verliert. Fast immer gibt es dazu Alternativen. Auch wenn diese ebenfalls mit oder aus Kunststoffen sind, dann sind zum Beispiel gestrickte Modelle bei Handschuhen oder Mützen weniger starke Mikroplastik-Schleudern.
Recycelte Kleidung
Das gilt übrigens auch für Recycling-Kleidung. Diese kann aber dennoch interessant sein. Das Einschmelzen von PET-Flaschen verbraucht etwa nur halb so viel Energie wie die Herstellung aus Rohöl. Entsprechend verringert sich auch der CO2-Ausstoß. Allerdings wird oft nur ein Teil der Kleidung aus recyceltem PE hergestellt. In der Regel sollte der Anteil neuer und recycelter Materialien auf dem Etikett stehen. Vorreiter bei der Wiederverwertung von Polyester sind zum Beispiel Marken wie Vaude und Patagonia. Beim Recycling von Polyamid (Nylon) ist dagegen die Marke Klättermusen schon so lange dabei, dass sie dort schon auf Nachhaltigkeit gesetzt haben, als es in der Branche noch kein Trend war. Mikroplastik verhindern auch diese recycelte Fleece-Stoffe leider nicht. Dafür müssten sich abbaubare Fleece-Stoffe weiter durchsetzen.
Waschen mit dem Guppyfriend
Wenn du auch unterwegs nicht vollends verhindern kannst, dass Mikroplastik in die Natur gelangt, dann kannst du es zuhause mit einem Waschbeutel sehr wohl. Die wohl bekannteste Marke ist hier der Guppyfriend. Er verhindert, dass Mikroplastik aus deiner Waschmaschine bis in die Weltmeere gelangt, denn die Filteranlage in Klärwerken sind noch lange nicht ausreichend genug, um solche Kunstfaser-Partikel vollständig herauszufiltern. Ich habe meinen inzwischen seit 2018 im Einsatz und bin ganz zufrieden.
Die angesammelten Reste aus dem Waschbeutel sind im Hausmüll weniger schädlich, sofern dieser verbrannt und nicht auf Deponien gelagert wird, wo wiederum ein Abtragen durch Wind oder Auswaschen durch Regen möglich wäre.
Auf Fluorcarbon in der Imprägnierung verzichten
Mit Fluorcarbon imprägnierte oder mit polyfluorierten Chemikalien (PFC) behandelte Textilien vermeide ich inzwischen beim Neukauf. Selbst das Umweltbundesamt weist seit vielen Jahren auf die damit verbundene Umweltbelastung hin und leider haben die meisten Hersteller erst spät reagiert, manche tun sich bis heute schwer. Viele Marken haben wenigstens einzelne Produkte mit Labels wie „DWR Fluorcarbon Free“ im Angebot. Die ganz großen Marken sind dabei, ihr gesamtes Sortiment fluorcarbonfrei umzustellen, die kleinen Marken waren teilweise schneller und sind schon einen Schritt weiter.

Bei meiner Ausrüstung sind Teile dabei, die ziemlich sicher PFC belastet sind. Meine goretex pro shell Jacke gehört dazu. Ich habe mich entschieden, sie weiter zu nutzen, anstatt neu zu konsumieren. Denn sie funktioniert noch tadellos und ist somit ein gutes Beispiel davon, nachhaltig durch lange Nutzung zu sein. Sobald ich an meiner Ausrüstung etwas neu imprägnieren muss, achte ich aber auf eine PFC-freie Imprägnierung. Da kann ich die beiden bekanntesten Anbieter Nikwax und Fibertec gleichermaßen empfehlen. Nicht PFC-imprägnierte Stoffe müssen übrigens etwas häufiger imprägniert werden.
Nachhaltigkeit beim Skifahren
Nachdem wir eben auf Mikroplastik und Fluorcarbon geschaut haben, gibt es leider auch zwei Dinge beim Skifahren, die einen Blick benötigen: Skifelle und Skiwachse.
Denn bei Skifellen gibt es Modelle aus Mohair von der Angoraziege, Modelle aus synthetischen Fellen und Modelle mit einem Materialmix beider. Auch hier lässt sich also zusätzlich zu den unterschiedlichen Eigenschaften eine Nachhaltigkeitserwägung zwischen Tierwohl und Mikroplastik treffen.

Bei den Skiwachsen beinhalteten fast alle verfügbaren Wachse bis 2022 Fluorcarbon und dieses wird durch die mechanische Belastung beim Fahren an die Umwelt abgegeben, wo es nicht abgebaut werden kann. Inzwischen werden zwar PFC-freie Alternativen angeboten, aber gänzlich gelöst ist das Problem noch nicht. Warum du alte Vorräte mit Fluor im Wachs nun besser fachgerecht entsorgst und wie du deine Ski richtig wachst, erfährst du detailliert im Beitrag Fjellski wachsen leicht gemacht.
Müll unterwegs
Nein, damit meine ich nicht den Müll in der freien Natur. Wer sowas macht, dem Wünsche ich böse Dinge an den Hals. Mögen dir die Ärmel bei Händewaschen immer runterrutschen, möge deine U-Bahn immer gerade weg sein und dir dein Karma auch sonst noch eine Menge in Rechnung stellen!
Ich wundere mich aber auch immer über die Massen an leeren Outdoor-Tütengerichten, die in den Mülleimern an den Hütten liegen. Selbst bei Hütten mit Proviantverkauf landet mehr Müll, als die verkauften Produkte dort erzeugen könnten. Wisst ihr, was die auf den Hütten damit machen? In vielen Fällen wird er einfach verbrannt, weil halt keine Müllabfuhr kommt. Fairerweise muss man sagen, dass die Versorgung der Hütten im Winter mit Schneemobil in der Regel etwas einfacher ist. Aber Müllentsorgung ist nicht kostenlos. Ich denke mir dann immer, dass man ja offensichtlich in der Lage war, sein verpacktes Essen bis zu der Hütte zu schleppen. Warum kann man dann nicht auch die paar Gramm Verpackung wieder mit aus dem Fjell nehmen?
Wem das zu viel ist, hier meine drei Regeln:
- Der Müll in der Hütte ist besser als der Müll in der Natur.
- Wer den Müll auf der Hütte lässt, sollte wenigstens im Tourismusverband sein.
- Den Müll wieder mitzunehmen, ist besser als ihn auf der Hütte zu lassen.
Weitere Gedanken wie zum Beispiel „Tütengerichte vs. selbst kochen“ findest du in meinem Beitrag über Proviant auf Wintertouren.
Die innere Einstellung zu Nachhaltigkeit
Dieses eine Mal, einmal ist keinmal. Ja, auch ich habe so etwas schon gedacht. Vorzugsweise beim großen Geschäft im arschkalten (wortwörtlich!) Schneetreiben. Da war die nächste Stelle gerade recht und auch das Toilettenpapier wurde nicht angezündet oder extra entsorgt. Ich kann nur hoffen, dass die Wassermassen der Schneeschmelze den Ort sauberer zurückgelassen haben als ich. Es war jedenfalls chlorfrei gebleichtes Papier mit Umweltengel, immerhin.

Und vielleicht sind solche Ausnahmen sogar verzeihlich, wenn sie absolute Ausnahmen bleiben. Aber wir dürfen nicht darauf hereinfallen, dass es wirklich nur ein einziges Mal passiert, wenn wir selbst es machen. Erstens kann es zur Gewohnheit werden und zweitens sind wir nun wirklich nicht allein da draußen, auch wenn es manchmal anders wirkt. Der nächste verschüttet nur einmal etwas Brennstoff, der nächste nutzt nur einmal etwas Lebendholz für ein Feuerchen, der nächste nur einmal…
Ich versuche dann immer, mir bewusst zu machen, dass ich Gast in dieser Natur bin, dass sogar Menschen wie die Sami von dieser Natur leben und dass ich wirklich dankbar dafür wäre, diese Natur noch möglichst lange so erleben zu können. Zumindest hilft mir das, selbstkritisch zu sein.
Kritik auch an den anderen?
Ich kenne nur wenige Hobbies, die keine zusätzliche Umweltbelastung erzeugen. Vergleiche nutzen mir hier nicht so viel. Es kann sein, dass Mountainbiken im Harz viel ökologischer wäre, aber das ist halt nicht mein Ding. Verzicht ist insofern schwierig für mich. Im globalen Kontext ein unglaubliches Luxusproblem. Ich möchte mich daher nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und über andere richten. Nur bei Spaßfahrten mit dem Schneemobil durch das Winterfjell hört mein Verständnis auf!
Was ich von anderen erwarte, ist die Bereitschaft, sich selbst auf den Aspekt der Nachhaltigkeit zu hinterfragen. Solltest du Diskussionsbedarf zu einzelnen Punkten haben, teile mir gerne deine Sichtweise mit. Ich freue mich, davon zu lernen. Aber lass uns gemeinsam nicht in den mit Emotionen übermäßig aufgeladenen Modus wechseln, der sich ständig in Social Media findet.
Jetzt bist du an der Reihe. Gefällt dir der Beitrag oder möchtest du etwas ergänzen? Dann freue ich mich über deinen Kommentar.
Ein super Beitrag über ein wichtiges Thema! Das ist ein sehr ausgewogener Artikel mit vielen hilfreichen Tipps.
Zum Thema PFC habe ich mal etwas ausführlicher recherchiert und meine Erkenntnisse hier aufgeschrieben: https://www.camp4.de/blog/produkte/schadstoffe-in-outdoorbekleidung-pfc/
Das ist bestimmt auch für die Leser*innen von Winterfjell interessant.
Ansonsten: Mach bitte weiter so, ich lese deinen Blog sehr gerne!
Viele Grüße
Melanie
Herzlichen Dank, Melanie!
Zum einen für das Lob und zum anderen für den Link mit der Übersicht der Jacken bei euch. Das hilft bestimmt einigen.
Viele Grüße nach Berlin