Körperliche und mentale Vorbereitung auf eine Wintertour

Eine Wintertour mit Ski und Pulka ist eine körperliche Herausforderung. Meist kannst du die Etappenlänge an deinen Trainingszustand anpassen und musst es bergauf nicht gleich übertreiben, aber das Ziehen einer Pulka ist nun einmal keine alltägliche Aufgabe. Noch spannender finde ich die mentale Herausforderung, die eine Wintertour mit sich bringen kann. Nicht umsonst sagen viele, dass solche Touren zu 80 % eine Kopfsache sind. In diesem Beitrag möchte ich erklären, wie deine körperliche und mentale Vorbereitung auf eine Wintertour aussehen kann.

Inhaltsverzeichnis

Meine aufregendste Tour

Als ich gegen 4 Uhr morgens in Finse aus dem Zug steige, bläst mich der Wind fast um und natürlich ist es dunkel und kalt. Ich bin der einzige Ankömmling und ziehe meine Pulka erst einmal in den kleinen Warteraum des Bahnhofs, denn alles andere ist verschlossen. Ich könnte noch in das Hotel gehen, denn selbst die Finsehytta ist um diese Jahreszeit noch geschlossen. Eigentlich war der Plan, in Ruhe im Warteraum zu packen und mit der ersten Morgendämmerung in Richtung Süden aufzubrechen.

Aber jetzt bin ich den Tränen nah und völlig übermüdet vom Nachtzug aus Oslo und dem Nachtbus bis dorthin in der Nacht zuvor. Irgendwie hatte ich mir das entspannter ausgemalt, mit einmal Umsteigen von Hannover bis nach Finse zu kommen. Neben dem inneren Schweinehund, mich dort raus in die Kälte zu wagen, packt mich jetzt auch noch die Angst, mir zu viel zugetraut zu haben. Ich sitze da und denke nach. Das Buchungsportal im Internet ruft mehrere hundert Euro für eine Nacht im Hotel 1222 in Finse auf, also packe ich das Handy wieder ein. Einfach das Zelt an der nächsten windgeschützten Ecke aufschlagen, um mich hinzulegen und etwas Schlaf nachzuholen? Wahrscheinlich die beste Idee.

Doch dann weht der Duft von frischem Brot aus der Hotelküche herüber und ich sehe zwei Menschen über die Gleise zum Hotel gehen. Es ist tatsächlich die Frühschicht und nach einer Stunde sitze ich mit frischem Kaffee in der Hotellobby, habe ein Zimmer für eine Nacht für 100 Euro inklusive Abendessen gebucht und kann mein Glück kaum fassen. „Weil es noch so früh ist, buchen wir dich mal als Frühbucher“, haben sie mir augenzwinkernd gesagt, denn meine Not war mir wohl anzusehen.

Heute würde ich es mit mehr Erfahrung anders machen und kann über manche meiner damaligen Ideen schmunzeln. Aber letztlich zählt für mich, eine gute Entscheidung auf Grundlage der gegebenen Möglichkeiten getroffen zu haben. Gut war die Entscheidung deshalb, weil sie mir guttat. Denn am nächsten Tag bin ich gestärkt und bei strahlendem Sonnenschein zu meiner ersten Solotour aufgebrochen.

Wozu sind Pläne da

Der Plan war ein anderer, das ist klar. Am Ende habe ich dadurch einen ganzen Tourtag verloren und musste meine Runde etwas abkürzen. Das tat mir damals schon leid. Inzwischen musste ich so viele Pläne über den Haufen werfen, dass ich sie erstens nicht mehr so detailliert ausarbeite und zweitens irgendwie bereits mitdenke, wie ich sie jederzeit anpassen kann. Pläne sind also dazu da, um geändert zu werden. Braucht man dann überhaupt noch einen Plan? Ja, unbedingt sogar! Denn vom Plan hängt ab, wie deine individuelle Vorbereitung auf eine Wintertour am besten aussieht. Lies dich gern weiter in das Thema Tourplanung von Wintertouren ein.

Und natürlich kommt es auf die Tour an: Eine mehrwöchige Überquerung Grönlands bietet eine andere Herausforderung als ein paar ganz normale Tourtage am Rogen in Jämtland. Deshalb solltest du dein körperliches und mentales Training entsprechend anpassen.

Schlechte Sicht und die eintönige Kviste-Autobahn drücken auf die Stimmung, die Markierungen sind aber ein Segen (Foto: Malte Hübner)
Schlechte Sicht und die eintönige „Kviste-Autobahn“ drücken auf die Stimmung, die Markierungen sind aber ein Segen

Körperliche Vorbereitung

Beginnen wir mit dem körperlichen Training an, da es sich leichter in Trainingspläne gießen lässt. Die Fortbewegung auf Ski mit einer 40 kg schweren Pulka im Schlepptau ist für die meisten Menschen eine eher ungewohnte Belastung. Gleichzeitig summieren sich die Gehzeiten pro Tag schnell auf sechs bis acht Stunden und das fast jeden Tag über die Gesamtdauer der Tour. Deine körperliche Vorbereitung auf eine Wintertour sollte daher aus regelmäßigem Ausdauersport wie Jogging oder Radfahren bestehen.

Ausdauertraining

Die gute Nachricht vorweg: Du musst kein Leistungssportler sein. Zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche reichen aus, wenn du eine „normale“ Wintertour anstrebst und nicht ins Extreme gehen willst. Ansonsten empfehle ich dir besser eine sportmedizinische Beratung. Auch auf die Dauer und Intensität gehe ich hier nicht näher ein, da dies von deinem Trainingszustand und der geplanten Tour abhängt.

Eher würde ich dir empfehlen, die Trainingseinheit am Wochenende öfter durch eine längere Wanderung zu ersetzen, bei der du auf die genannten Gehzeiten kommst. Wenn dein Körper das gut verkraftet, bist du auch für eine Wintertour gut genug vorbereitet. Wenn nicht, solltest du auf jeden Fall etwas dagegen tun!

Krafttraining

Neben dem Ausdauertraining kannst du etwas Krafttraining machen, insbesondere für die Körpermitte und deine Rumpfmuskulatur. Übungen aus dem Pilates-Bereich eignen sich gut und ein spezielles Fitness-Programm für Wintertouren ist nicht notwendig.

Eine besondere Vorbereitungsmethode möchte ich dir aber nicht vorenthalten, nämlich das sogenannte Reifen-Schleifen. Dabei ziehst du einen oder mehrere Autoreifen an einem Zuggurt hinter dir her, was das Gewicht der Pulka simuliert. Nico beschreibt auf seiner Seite sehr gut, was du für das Reifenschleifen als Vorbereitung auf eine Wintertour brauchst. So trainierst du deine Körpermitte passend zu den Bedingungen auf einer Wintertour. Zumindest so lange du nicht ständig anhalten musst, um anderen Wanderern deine Absichten zu erläutern. 😉

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Gewöhnung an die Kälte

Kann man sich auf die Kälte vorbereiten? Etwas Eisbaden und regelmäßige kalte Duschen sind bestimmt sehr gesund. Leider liegt mir das überhaupt nicht. Sinnvoller halte ich es, sich regelmäßig an der frischen Luft zu bewegen und dabei nicht zu warm anzuziehen. Alternativ solltest du zu Beginn der Tour einen Tag zum Akklimatisieren in der Kälte einplanen. Am Ende ist es eine sehr individuelle Sache, wie du mit Kälte und Frieren umgehst.

Allgemeiner Gesundheitszustand

Alle bisher beschriebenen körperlichen Übungen sind für den normalen Freizeitsport-Menschen leicht durchführbar. Ich bin der Meinung, dass ein normal „trainierter“ Mensch ohne Vorbereitung auf eine Wintertour gehen kann, wenn es sich nicht um ein extremes Vorhaben mit mehrwöchigen Etappen in abgelegene Gebiete handelt. Das gilt für dich, wenn du einen guten allgemeinen Gesundheitszustand hast oder gute Strategien für das besitzt, was dich auch sonst im Wanderalltag einschränkt. Ich habe schon Menschen im Winterfjell gesehen, die sich gerade ihre Insulinspritze in die Bauchfalte gesetzt haben. Geht alles, wenn du dich damit sicher fühlst.

Sobald du dir aber unsicher bist oder etwas Größeres vorhast, empfehle ich dir im Zweifelsfall immer, medizinischen Rat einzuholen.

Mentales Training

Interessanter wird es bei der mentalen Vorbereitung auf eine Wintertour. Bei meiner geschilderten Solotour fielen mir zwei Dinge schwer: Zum einen das Loslassen von meinen Plänen, zum anderen das Eingeständnis meiner Überforderung. Beides resultiert aus der inneren Grundhaltung zur Tour, oder neudeutsch dem „Mindset“.

Sieht im Nachhinein viel harmloser aus: Der Bahnhof Finse bei Nacht (Foto: Malte Hübner)
Sieht im Nachhinein viel harmloser aus: Der Bahnhof Finse bei Nacht

Grundeinstellung zur Tour

Als Vorbereitung auf eine Wintertour ist es sinnvoll, die eigene Haltung zu überprüfen und sich selbst gut zu kennen. In meinem Beispiel gäbe es wie in den meisten Situationen ganz unterschiedliche Herangehensweisen.

Ich könnte mir den ehrgeizigen Typen vorstellen, der sich einfach durchbeißt. So wirklich gefährlich war der Wind außerhalb der Häuserschluchten nicht und es wurde ja bald hell. Auch langsam und zielstrebig, mit einem Schritt nach dem anderen, wäre ein Weg gewesen. Dieser Typ wäre zunächst zum See heruntergegangen. Dann wäre der erste Abschnitt des Sees an der Reihe und nach 15 Minuten hätte er neu entschieden, ob Umdrehen besser sei oder eben genau dort das Zelt aufgeschlagen wird.

Und meine Entscheidung war, dass beides für mich nicht mehr möglich oder erstrebenswert war. Ich hatte die Möglichkeit, aus der Situation zu kommen und habe sie gerne angenommen. Meine Grundhaltung ist auch heute noch, dass ich nicht auf Wintertour gehe, um mir selbst etwas zu beweisen.

Nun kannst du durchaus eine andere Einstellung zum Risiko haben und dich selbst als risikofreudiger einschätzen. Um aber bei allem Abenteuer vielfältig auf mögliche Probleme vorbereitet zu sein, solltest du dich immer intensiv mit dem Thema Redundanz der Ausrüstung beschäftigen. Durch diese Herangehensweise fällt dir im Zweifelsfall auch Improvisation leichter.

Umgang mit Zweifeln

Zweifel gehören dazu. Und Zweifel gehen vorbei. Aber manchmal braucht es dafür etwas Zeit. Daher gibt es auch die Tourweisheit „Never quit on a bad day“, brich niemals an einem schlechten Tag ab. Oft sieht die Situation am kommenden Tag schon wieder anders aus. Und wenn nicht, dann ist es in Ordnung, deinen Zweifeln zu folgen.

Manchmal kommen mir auch heute noch kurz vor dem Start leise Zweifel, ob ich gerade wirklich aus meiner Komfortzone herausmöchte. Versteh mich nicht falsch, ich habe richtig Bock auf die Tour und die Lust überwiegt eindeutig, aber ein paar Restzweifel sind manchmal doch da.

Wann immer Zweifel lauter werden, lohnt sich ein Blick auf ihre Ursache. Ist es die eigene Unsicherheit? Die Aufregung zu Beginn? In nahezu allen Fällen hilft es, mit jemanden darüber zu sprechen und einen Schritt zurückzutreten. Schnell wird dir dann wieder klar, wozu du das alles machst. Es hilft auch, dir selbst fest zu sagen, dass du eine Entscheidung getroffen hast und diese durchziehst. Du schaffst das!

Richtige Entscheidungen

„Nicht Rumgemacker bringt dich nach Hause, sondern die richtige Entscheidung!“ So hat es Simon in unserem gemeinsamen Podcast einmal gesagt. Und dem stimme ich voll und ganz zu! Die richtige Entscheidung zu treffen, hängt dabei vor allem von den gegebenen Möglichkeiten ab. Angenommen, es hätte kein Hotel gegeben, wäre ich trotzdem nicht wirklich in Gefahr gewesen. Selbst auf einem abgelegenen Bahnsteig mitten im Nirgendwo hätte ich ein zuverlässiges Winterzelt und genug Essen für mehrere Tage dabei gehabt. In dem Fall hätte ich das Lager aufgebaut und mich darin verkrochen. Ich weiß, dass ich mangels bequemer Alternative auch in einer solchen Situation funktioniert hätte.

Am Ende ist eine richtige Entscheidung diejenige, die dich gesund und sicher nach Hause bringt. Nicht umsonst heißt es in den norwegischen Verhaltensregeln für das Winterfjell „Umkehren ist keine Schande“. Du wirst auch an diesen Entscheidungen wachsen und musst dich nicht jeder Herausforderung stellen. Schließlich gibt es noch genug Situationen, bei denen kein warmes Hotel nebenan steht und du die Entscheidungen auf anderer Grundlage treffen musst.

Umgang mit herausfordernden Situationen

Wenn du an deine individuelle Grenze stößt und vor einem größeren Problem stehst, macht sich möglicherweise Stress in dir breit. Auch Angst und leichte Panik können als Gefühle hinzukommen. Was letztendlich der Auslöser ist, ist dabei unerheblich. Ob „nur“ die Sorge, den Rückflug zu verpassen, weil du dich bei den Tagesetappen verschätzt hast, oder ein akutes Problem, weil du bei Whiteout gerade in einem Hang feststeckst, mir fallen etliche Auslöser ein und am Ende hängt es an dir.

Entsprechend ist es zur Vorbereitung auf eine Wintertour grundsätzlich nützlich, sich regelmäßiger in eher herausfordernden Situationen zu bewegen und an die eigenen Grenzen zu kommen. Dann helfen mir vier Herangehensweisen, um aus ängstlichen Gedankenspirale herauszukommen.

1. Was ist das Schlimmste, was realistisch passieren kann?

Diese Frage stelle ich mir eher bei längerfristigen Sorgen, wie beispielsweise bei zu langsamen Tourfortschritt. Wenn ich es realistisch betrachte, lässt sich vieles einfach mit mehr Geld lösen. Es tut weh, aber dann muss ein neuer Flug gebucht werden, schlimmstenfalls muss ich einen Tag Urlaub dranhängen, vielleicht Ärger mit der Chefin oder der Familie aushalten, aber die allermeisten Menschen werden mir zustimmen, dass ich doch besser gesund zurückkomme. Wenn deine Rahmenbedingungen nicht so komfortabel sind, solltest du mehr Puffer einplanen.

Häufig führen diese Überlegungen aber auch zum dahinterliegenden Problem. In dem Beispiel könnten das Essen oder der Brennstoff knapp werden, wenn ungeplante Tage auf Tour hinzukommen. Also muss ich haushalten oder einen Umweg zu einer Hütte machen, wo ich mich versorgen kann, auch wenn das noch mehr Zeit kostet.

2. Probleme in Scheibchen schneiden, die Salamitaktik

Meistens kann ich nicht alle Probleme auf einmal lösen, wenn ich gerade in einer verzwickten Situation stecke. Und der Berg an Problemen erscheint vielleicht unüberwindbar. Häufig hilft es mir, wenn ich mir einzelne Probleme herauspicke, die ich nach und nach lösen kann. Im Idealfall ist klar, welches Teilproblem zuerst gelöst werden muss. Im Sturm ist es beispielsweise besser, sich in den Windsack zu verkriechen und erst einmal Kraft zu tanken, bevor die fummelige Skibindung repariert wird. Mir ist klar, dass sich die Skibindung dadurch nicht von allein repariert, aber ich bin aus dem Wind und verschaffe mir Zeit. Damit verschiebe ich den Fokus vom Problem auf die Lösung.

Ich habe dafür Glaubenssätze im Kopf wie „Wenn ich ein Problem nicht gleich lösen kann, dann suche ich mir besser ein anderes“. Und vorzugsweise löse ich zuerst ein Problem, dass für mich gerade auch gut lösbar ist und mich wieder auf das große Ganze schauen lässt.

3. Das große Ganze sehen und nicht das kleine Problem

Zurück zu meiner Solotour: Was ist schon der eine fehlende Tourtag im Vergleich zu den vielen wunderbaren Tourtagen danach? Habe ich nicht anschließend meine erste Solotour durch den Norden der wunderschönen Hardangervidda gemacht? Bei bestem Wetter und bester Laune! Viel zu oft ärgern wir uns über das kleine Problem und verlieren aus dem Blick, wie großartig alles andere gerade ist. Allein schon die Möglichkeit, von Finse aus auf den Hardangerjokulen zu blicken, bleibt vielen Menschen verwehrt. Etwas Demut und die Kraft, schon ganz andere Krisen durchgestanden zu haben, helfen mir hier enorm.

4. Don’t panic

Zum Glück war ich auf Tour noch nie in einer solchen Situation und hoffe, auch nie in solch eine Situation zu kommen: ein echter Notfall! Wie viele von euch auch trage ich einen kleinen Notsender mit mir, der über Satellit einen Notruf absetzen kann. Ich belege auch regelmäßig Kurse in Erster Hilfe und habe eine Bergungskostenversicherung abgeschlossen. Dennoch möchte ich nichts davon jemals in Anspruch nehmen müssen.

Mit Unverständnis schaue ich auf die schlecht ausgerüsteten und unerfahrenen Menschen, die von den oft ehrenamtlichen Bergrettungen in aller Welt gerettet werden müssen. Ich bitte dich daher, dich gut vorzubereiten und den kleinen SOS-Knopf nur im absoluten Notfall und niemals leichtfertig zu drücken. Versuche immer zuerst, dich aus der akuten Situation zu befreien und in Ruhe Lösungen zu überlegen. Bedenke aber auch, dass in der skandinavischen Bergwelt weite Wege zurückgelegt werden müssen und nicht sofort Hilfe kommt, wenn Leib und Leben in Gefahr sind.

Nach dem Sturm auf der Hütte ist Zeit für die Reflexion der Tour bei Kaffee und Tee (Foto: Lutz Grünke)
Nach dem Sturm auf der Hütte ist Zeit für die Reflexion der Tour bei Kaffee und Tee

Reflexion nach dem Problem

Alle diese Ansätze gelingen mir selbst nicht immer und ich würde auch niemanden glauben, der das behauptet. Der eigene Stress macht dabei den Unterschied zur grauen Theorie. Aber als mentale Vorbereitung auf eine Wintertour lohnt es sich, solche Taktiken als Handwerkszeug zu trainieren.

Wenn ich dann doch einmal in Gefahr gerate, ist zunächst einmal Gefahrenabwehr und Handeln angesagt. Um aus der Situation zu lernen und es beim nächsten Mal besser zu machen, hilft anschließend eine Reflexion darüber, was schiefgelaufen ist. Im Team fällt das leichter als allein, wenn du nur den eigenen Kopf zur Verfügung hast.

Teambuilding als Vorbereitung auf eine Wintertour

Im Team fällt nicht nur die Reflexion von Problemen leichter, es kann durch sinnvolle Arbeitsteilung auch zu weniger Problemen kommen. Zumindest dann, wenn Aufgaben und Verantwortung an die richtigen Personen verteilt werden. Das Thema Gruppendynamik würde den Rahmen sprengen, aber es hilft, solche Rollen im Team klar zu verteilen: Wer ist am erfahrensten? Wer ist das schwächste Glied und bestimmt damit die Belastungsgrenze? Was erwarten alle von der Tour? Und was nicht?

Ich halte es für sehr sinnvoll, diese Fragen vor der Reise in der Gruppe mehrmals zu besprechen und gemeinsame Probetouren über ein paar Tage durchzuführen, bevor es länger auf große Tour geht. Ein Beispiel, wie furchtbar eine Tour werden kann, wenn in der Gruppe nichts passt, findest du in dem sehr lesenswerten Buch „Quer durch Grönland“ von Birgit Lutz.

Beim Vorbereitungstreffen planen wir gemeinsam die nächste Tour (Foto: Malte Hübner)
Beim Vorbereitungstreffen planen wir gemeinsam die nächste Tour

Umgang mit sich selbst

Neben der Dynamik im Team kann dich auch deine innere Dynamik beschäftigen. Auf einer Solotour musst du mit dir selbst klarkommen und deinen eigenen Kopf aushalten. Wer schon im Alltag Schwierigkeiten mit dem Alleinsein hat, wird auf Solotour zu einer persönlichen Herausforderung kommen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass man als Vorbereitung auf eine Solo-Wintertour auch das Alleinsein üben kann.

Beim Wandern allgemein spuckt der Kopf nicht selten etwas hervor, an das du lange nicht mehr gedacht hast. Das geht mir selbst in einer Gruppe so, wenn das Wetter keine Gespräche zulässt oder wir stumpf hintereinander gehen müssen.

Bei langen Touren können sogar Lebensfragen auftauchen, die dir gar nicht bewusst waren. Davon berichten Wanderer auf dem Jakobsweg genauso wie Wanderinnen von Norge på langs. In einem zweiwöchigen Osterurlaub bleibt es aber eher bei Fragen danach, warum zum Geier ausgerechnet ein Hase bunte Eier versteckt???

Innerer Schweinehund

Draußen bläst der Wind? Das Thermometer ist nachts besonders tief gefallen? Du kommst nicht so richtig in die Gänge? Dann ist Selbstmotivation gefragt, oder? Ich bin doch motiviert, sage ich mir. Ich bin stark motiviert, in diesem Schlafsack zu liegen! Spaß beiseite: Meistens habe ich Lust, wieder aufzubrechen. Und manchmal braucht es einen Pausentag, um neue Energie zu tanken.

Ein Trick, der mir morgens den Start erleichtert, ist zu mir selbst „aaand action!“ zu sagen und einfach loszulegen, bevor ich lange darüber nachdenke. Im Zweifelsfall tue ich einfach so, als ob ich Lust hätte. Spätestens beim Loslaufen läuft es meist wieder rund. Es ist wie beim Training zu Hause: Das Schwierigste ist schon geschafft, wenn du angefangen hast. Und wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht so richtig klappen will an dem Tag, wird halt früh das Zelt aufgebaut und hoffentlich ist noch genug Schokolade zum Trösten da. Es soll schließlich Urlaub sein!

Anders sieht es aus, wenn du in eine Situation geraten bist, bei der es unabhängig von den Gründen um das Durchhalten geht. Hier helfen mir innere Mantras, die ich mir selbst aufsage.

Mantras zur Selbstmotivation

Ich bin davon überzeugt, dass „Mantras“ eine sehr persönliche Sache sind und du deine eigenen finden musst. Dabei spielt auch der eigene Humor eine Rolle. Manche meiner Verse finde ich selbst albern, aber sie funktionieren gut, weil ich sie im Kopf oder sogar laut vor mir hersagen und singen kann, ohne mein Gehirn zu gebrauchen. Viele davon hat mein Kopf einfach irgendwann einmal ausgespuckt. Besser ist es, wenn du dir selbst eigene als Vorbereitung auf eine Wintertour einprägst. Beispiele meiner Mantras sind:

  • „Schneeflöckchen, Weißröckchen, da kommst du geschneit?!“ Dieses Winterlied sage ich mir eher in Gedichtform und in Dauerschleife auf, wenn ich im Schneetreiben mit den Ski durch tiefen Neuschnee stapfe.
  • „It’s a long way to (Tipperary; ersetzt durch das Ziel der Tour), it’s a long way go.“ Die Zeilen aus dem Refrain dieses Marschliedes funktionieren bei mir super zu monotoner Spurarbeit.
  • „Ein Schritt, ein Strich und schon ist die lange Straße gekehrt.“ Dieser Satz aus Michael Endes Buch Momo hilft immer, wenn es die Salamitaktik braucht. Eins nach dem anderen, nur nicht vom Problemberg aus der Ruhe bringen lassen.
  • „Willkommen hier mitten aus der Natur!“ und andere spaßige Floskeln aus der Welt des Internets oder übertriebener Tourismussprech wie „wunderschön weite Landschaften mit atemberaubenden Ausblicken“ helfen mir über schlechtes Wetter. „Warum Schirmchendrinks, wenn man auch DAS HIER haben kann?!“

Vertrauen auf eine Lösung

Am Ende ist jeder Umgang mit Problemen auch immer eine Frage, ob du selbst eher optimistisch oder pessimistisch auf die Welt blickst. Ich finde mich oft mitten dazwischen und in dem Fall hilft mir die Erfahrung der vergangenen Touren.

Die Fernwanderer teilen den Aberglauben oder auch die Weisheit „the trail provides“. Interpretiert im weitesten Sinne: Der Weg liefert dir, was du gerade brauchst. Ich steckte schon bei einigen Touren in unangenehmen Situationen und plötzlich kam eine Lösung um die Ecke, häufig in Form eines hilfsbereiten Menschen. Ich freue mich, dass ich ebenfalls schon oft dieser hilfreiche Mensch für andere sein durfte. Das ist für mich der wahre Spirit auf Wintertour. Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo eine Lösung her. Okay, Kalenderspruch, aber stimmt wirklich.

Zu diesem Prinzip Hoffnung passt auch Simons Leitspruch aus Norwegen „Det ordner seg“, das ergibt sich. Wer weiß schon, wofür das kleine Problem am Ende wieder gut war und welche Wege sich dadurch erst auftun. Oft ergibt sich der Sinn erst im Nachhinein oder zumindest fügt sich das kleine Problem in eine sinnvolle Geschichte ein.

Mit so viel Zuversicht und etwas Humor bist du mental bestens gerüstet für deine Wintertouren.

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