Verhaltens­regeln für das Winterfjell

Wintertouren sind keine Campingurlaube. Wer sich im skandinavischen Fjell der Natur aussetzt, geht ein kalkulierbares Risiko ein, auch wenn es noch lange keine Expeditionsbedingungen sind. Daher erfordern solche Wintertouren gute Vorbereitung in Theorie und Praxis. Du solltest alle Handgriffe vorher genügend üben, deinen Kocher bedienen und dein Zelt auch im Sturm aufstellen können. Die Verhaltensregeln für das Winterfjell sollen dir helfen, gut vorbereitet zu sein.

Inhaltsverzeichnis

Fjellvettreglene

Regeln sind ja für manche Menschen so eine Sache und warum solltest du auch auf mich hören? Hier haben sich wirklich viele Leute Gedanken gemacht und dieser Verhaltens-Code existiert schon viele Jahre. Es handelt sich um die Fjellvettreglene (Verhaltensregeln für das Gebirge) des norwegischen Tourismusverbandes. Ich kann dir nur empfehlen, diese zu verinnerlichen und erlaube mir im Anschluss noch wenige Ergänzungen.

1. Plane deine Touren sorgfältig und informiere andere, wohin du gehst

  • Plane deine Touren entsprechend der Fähigkeiten aller Gruppenmitglieder und halte immer mehrere Alternativen bereit.
  • Vergewissere dich, dass du umfassende Informationen zum Tourgebiet und den Tourbedingungen hast. Höre auf die Ratschläge erfahrener Wanderinnen und Wanderer.
  • Vergewissere dich, dass du das nötige Wissen und die nötigen Fähigkeiten für deine Tour hast.
  • Achte auf die Natur und deine Umgebung. Bei guter Planung wirst du so nicht den Überblick verlieren.
  • Treffe nur Absprachen, die unabhängig vom Mobilfunknetz und einer exakten Uhrzeit sind.

2. Passe deine Tour an deine Fähigkeiten und die Verhältnisse an

  • Passe deine Beurteilung der Verhältnisse fortlaufend an oder ändere deine Pläne entsprechend.
  • Zeige Respekt für das Wetter!
  • Wenn du mit anderen zusammen wanderst, erhöht sich eure Sicherheit und du kannst deine Erlebnisse teilen. Sei besonders vorsichtig, wenn du allein wanderst.
  • Mache keine lange Tour ohne Erfahrung. Du musst in der Lage sein, auf dich und die anderen Gruppenmitglieder aufzupassen.
  • Achte auf deine Mitmenschen. Kenne die Rechte und Pflichten des Jedermannsrechts.
  • Sorge für eine offene und direkte Kommunikationskultur in der Gruppe. Sprich Probleme und Konflikte an.

3. Beachte die Wetter- und Lawinenwarnungen

  • Beachte immer die Wetter- und Lawinenvorhersagen und schätze ab, was sie für die Navigation in deinem Gebiet bedeuten.
  • Folge den beigefügten Ratschlägen der aktuellen Warnung und wählen bei schwierigen Bedingungen ein leichteres Gelände.
  • Die Wettervorhersagen sind hier zu finden: yr.no, storm.no und smhi.se. Über die Lawinengefahr informieren dich varsom.no und lavinprognoser.se

4. Sei auch auf kurzen Touren auf Sturm und Kälte eingerichtet

  • Kleide dich passend zum Wetter und der Vorhersage.
  • Bedenke, dass sich das Wetter in den Bergen schnell ändern kann. Nimm daher immer zum Gelände und der Tour passende zusätzliche Kleidung und Ausrüstung mit.
  • Zusätzlicher Proviant und Getränkereserven können sowohl dir nutzen als auch anderen, wenn man länger als geplant unterwegs ist oder auf Hilfe warten muss.

5. Nimm die notwendige Ausrüstung mit, um dir selbst und anderen zu helfen

  • Für eine Wintertour benötigst du einen Windsack, eine Isomatte, einen Schlafsack und eine stabile Schaufel, um eine Nacht draußen verbringen zu können. Ein Windsack kann Leben retten.
  • Um im Notfall besser gefunden werden zu können, nimm etwas Reflektierendes wie eine Warnweste und eine Stirnlampe mit.
  • Trage auf jeden Fall ein Erste-Hilfe-Set mit dir! Nur so kannst du dir und anderen helfen.
  • Verwende im steilen Gelände immer ein LVS-Gerät und führe eine Lawinensonde und eine Schaufel mit.
  • Packe smart! Ein Beispiel wäre meine Packliste für eine Wintertour mit Pulka.
  • Ein Mobiltelefon kann sehr nützlich sein. Denke jedoch daran, dass du nicht in allen Situationen darauf vertrauen kannst. Du hast nicht überall Empfang.
  • Im Falle eines Notfalls alarmiere die Polizei über die Nummer 112 oder schlage auf andere Weise Alarm und leiste Erste Hilfe.

6. Wähle deine Wege möglichst sicher, erkenne lawinengefährdete Gebiete und unsicheres Eis

  • Eine gute Wegwahl ist das wichtigste, um ein Abrutschen oder Lostreten von Lawinen zu verhindern.
  • Hänge mit einer Höhe von mehr als 5 Metern und mehr als 30° Neigung können sich lockern und abrutschen.
  • Auch im flachen Gelände kannst du Lawinen an den Bergflanken auslösen.
  • Eine Lawine kann dreimal so weit rutschen, wie der Hang, von dem sie sich löst, hoch ist.
  • Vermeide natürliche Geländefallen, wie z. B. schmale Ausläufer. Überlege, was passiert, wenn sich eine Lawine löst.
  • Beachte die Gefahr von abbrechenden Wechten beim Gehen auf einem Bergrücken.
  • Achte beim Überqueren von unsicherem Eis auf die Eisverhältnisse, insbesondere wenn du auf reguliertem Wasser und in Zu- und Abflussbereichen läufst.

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7. Verwende Karte und Kompass und sei dir immer bewusst, wo du gerade bist

  • Karte und Kompass funktionieren immer.
  • Behalte die Karte auch auf markierten Routen im Auge.
  • Die Tour wird interessanter, wenn du auf der Karte dem Weg folgst.
  • GPS-Navigationsgeräte und andere elektronische Hilfsmittel sind nützlich, aber denke an eine zusätzliche Stromquelle.

8. Behalte die Uhrzeit im Auge, Umkehren ist keine Schande

  • Überprüfe deinen Plan fortlaufend und wähle Plan B, lange bevor du erschöpft bist.
  • Haben sich die Bedingungen geändert? Solltest du umdrehen?
  • Hat jemand aus der Gruppe Probleme? Sollte die Gruppe umdrehen?

9. Teile deine Kräfte gut ein und suche bei Bedarf Schutz

  • Passe die Geschwindigkeit an den Schwächsten in der Gruppe an und stelle sicher, dass alle in die Planung involviert sind.
  • Denke an regelmäßige Pausen mit Essen und Trinken. In Bewegung benötigst du mehr Flüssigkeit als du wahrnimmst.
  • Warte nicht mit der Suche nach einem Windschutz, bis du erschöpft bist. Starker Wind wird dich schneller ermüden lassen.
  • Benutze rechtzeitig einen Windsack oder grabe dich in den Schnee ein.

Meine eigenen Ergänzungen

Wenige Punkte möchte ich zu den Verhaltens­regeln für das Winterfjell ergänzen:

  • Fange mit leichten Touren an.
  • Übe alle Techniken regelmäßig.
  • Beschäftige dich mit der mentalen Vorbereitung auf eine Wintertour.
  • Plane großzügig, denn die Tage im Winter sind kurz und der Weg oft beschwerlicher als erwartet.
  • Habe Reserven an Proviant und Brennstoff für mehrere Tage Abwettern dabei.
  • Nutze hochwertige Ausrüstung.
  • Habe deine sicherheitsrelevante Ausrüstung jederzeit griffbereit.
  • Verlasse dich nicht auf ideale Voraussetzungen und habe immer einen Plan B.
  • Nutze die einfachen Notfall-Hütten und die Winterräume bei größeren Hütten nur bei wirklicher Notwendigkeit und plane sie nicht fest mit ein.
  • Für das Notfalltelefon mit Direktverbindung zur Polizei gilt jedoch: Frage damit bei aufziehendem Unwetter lieber nach und teile deine Position mit, als erst auf den Notfall zu warten.
  • Und nicht unbedingt nur für mehr Sicherheit, sondern auch einfach mehr Komfort bieten die Lifehacks für Wintertouren.

Ein paar weitere Tipps von anderen Wintertour-Menschen findest du auf den Outdoorseiten. Beachte aber, dass dort eingangs noch die alten Regeln aufgelistet sind. Im Jahr 2016 hat der DNT sie zusammen mit dem Roten Kreuz überarbeitet.

Die schwedischen Regeln des Fjällsäkerhetsrådet lauten übrigens ganz ähnlich. Ich habe dir die englische Fassung verlinkt.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass sich eine Mitgliedschaft im Tourismusverband wirklich lohnt. Dort kann man sogar Kurse zu den Verhaltensregeln für das Winterfjell besuchen.

Jetzt bist du an der Reihe. Welche Fragen hast du? Was gefällt dir an diesem Beitrag? Was möchtest du ergänzen? Lass es mich in einem Kommentar wissen.

2 Gedanken zu „Verhaltens­regeln für das Winterfjell“

    • Meistens schon, in der Gruppe macht es nicht viel aus. Und beim letzten Mal waren wir öfter nur mit kleinem Rucksack auf den nahegeliegenen Gipfeln. Da war auch eine Z-Lite am Rucksack. Heißt deine Frage, dass du ohne gehst?

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