Skistöcke – ein vernach­lässig­ter Ausrüstungs­­gegenstand

Zugegebener Maßen wird Skistöcken auf Wintertouren nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit geschenkt. Warum sich ein genauerer Blick jedoch lohnen könnte, erfährst du in diesem Beitrag. Vorab sei gesagt, dass der Stock vor allem stabil, lang genug und für dicke Handschuhe geeignet sein muss. Skistöcke mit großen Schneetellern eignen sich auch für Tiefschnee.

Inhaltsverzeichnis

Das beste Material für Skistöcke

Für eine Wintertour muss ein Stock an erster Stelle stabil sein. Deine ultra-leichten Carbonstöcke vom Abfahrtski lässt du also besser gleich zu Hause. Ein unbedachter Schritt mit der Stahlkante auf den Stock, ein blöder Sturz und der Stock ist irreparable gebrochen. Im Skiurlaub kostet das Geld und etwas Nerven, auf einer Wintertour in Skandinavien kann es das Ende der Tour bedeuten oder dich sogar in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.

Das beste Material sind daher Stöcke aus Aluminium. Festlängenstöcke sind dabei stabiler als Teleskopstöcke, besonders wenn diese bis auf ihr Maximum ausgezogen sind. Fixlängen lassen sich bei einem Unfall auch leichter schienen.

Zur Vollständigkeit: Auch Bambusstöcke haben viele Touren gesehen, sind unberechtigterweise vollständig aus der Mode gekommen, aber wieder bei kleinen Herstellern wie Kangpoles zu bekommen.

Die richtige Festlänge finden

Dein Skistock hat die richtige Länge für eine Wintertour, wenn er dir auf festem Grund bis knapp unter die Achselhöhlen reicht. Da die Stöcke auch mit Tiefschneetellern noch etwas im Schnee versinken, sollten deine Arme bei den meisten Schneebedingungen somit bei Benutzung im Stand etwa 90 Grad angewinkelt sein. Für Menschen bis ca. 170 cm Körpergröße besteht daher eine große Auswahl an Festlängenstöcken, wenn man einfache Abfahrtstöcke wählt. Diese sind bis 135 cm Länge überall erhältlich, darüber finden sich schnell nur noch wenige Hersteller.

Für größere Menschen wird es damit schon etwas schwieriger. Das einzige mir bekannte Modell, was es auch in Längen von 165 cm gibt, ist der SWIX Mountain. Es gibt ihn auch in Ausführungen mit längerer Griffzone.

Du solltest den Skistock aber nicht zu lang wählen, da du dann zu sehr aus der Schulter arbeitest, was besonders mit Pulka sehr anstrengend wird. Außerdem werden die Hände bei einer niedrigeren Position besser durchblutet und frieren nicht so schnell.

Teleskopstöcke

Unkompliziert sind Teleskopstöcke, weil diese sich auf die optimale Länge anpassen lassen. Und Teleskopstöcke gibt es auch häufiger als Modelle bis 150 cm Länge. Unterwegs könntest du die Stöcke sogar an das Gelände anpassen. Ehrlich gesagt, greife ich aber meistens einfach um und verstelle die Länge auf Tour nur selten.

Je länger ein Teleskopstock ausgezogen wird, desto instabiler wird er hingegen meist auch in sich. Die Verbindungsstelle ist der Schwachpunkt. Zweiteilige Stöcke sind daher stabiler als dreiteilige. Und es ist besser, den Stock nicht vollständig ausziehen zu müssen.

Die Drehmechanismen am Verbindungsstück können festfrieren. Zum Verstellen ist ein Klemmmechanismus außen daher insgesamt unempfindlicher bei Eis und Schnee. Viele Modelle haben eine Rändelmutter auf der Gegenseite, sodass der Mechanismus sich etwas nachjustieren lässt, wenn er ausleiert. Das ist meiner Meinung nach eine der besten Neuerungen der letzten Jahre.

Handschuhtaugliche Griffe an den Skistöcken (Foto: Malte Hübner)
Handschuhtaugliche Griffe an den Skistöcken

Wintertour­taugliche Griffe

Eine zusätzliche Grifffläche unter dem eigentlichen Griff ermöglicht ein tieferes Greifen beim Traversieren oder Aufsteigen auf festem Schnee. Der gesamte Griff sollte dabei ohne scharfe Kanten geformt sein, da diese sonst in die Haut einschneiden, wenn du mal ohne Handschuhe gehst.

Praktisch ist ein schlanker Griff, damit man die Stöcke kopfüber gut in den Schnee rammen kann, um zum Beispiel das Zelt zu verankern oder den Schlafsack in der Mittagssonne an den Stöcken hängend lüften zu lassen.

Handschuhtaugliche Schlaufen

Die obere Schlaufe muss groß genug sein, dass du auch noch mit deinen Fausthandschuhen gut hindurchpasst. Anders als beim sportlichen Langlauf greift man auf Wintertouren auch nicht immer mit dem Daumen über das Schlaufenband. Stattdessen fasst du einfach nur durch die Schlaufe an den Griff und schiebst die Hand nach unten, bis das Handgelenk in der Schlaufe locker aufliegt. Durch die Abwechslung kannst du die Durchblutung variieren und mit den Händen zwischendurch auch einfach mal lockerer greifen.

Du baust den nötigen Schub dann in der Schlaufe auf, statt aus dem festen Griff. Dabei kannst du die Finger leicht bewegen, damit sie wieder durchblutet werden. Zu lange Stöcke können die Durchblutung ebenfalls behindern, da sich die Hände dabei überwiegend höher als das Herz befinden.

Bei Festlängen-Stöcken kann es nützlich sein, sich eine zweite Schlaufe aus Gurtband in die erste Schlaufe einzuhängen. So kannst du sowohl Kraft aus dem Handgelenk aufbauen, als auch tiefer greifen, wenn es länger bergauf geht.

Große Tiefschneeteller verhindern das Einsinken der Skistöcke (Foto: Malte Hübner)
Große Tiefschneeteller verhindern das Einsinken der Skistöcke

Skistöcke mit großen Schneetellern statt „Untertassen“

Im Pulverschnee kann der Schneeteller gar nicht groß genug sein, damit der Stock nicht zu weit einsinkt. Und selbst Skistöcke mit großen Schneetellern werden noch einsinken. Diesen Umstand solltest du auch für die richtige Länge bis in die Achselhöhle einberechnen.

Die richtig großen Schneeteller mit einem Kreuz aus Leder oder Hypalon sind für Tiefschnee am besten geeignet, weil nur sie eine flexible große Auflagefläche bieten. Ein Vorteil von frei drehbaren Schneetellern ist, dass sie sich beim Herausziehen aus dem Schnee weniger verhaken als festsitzende Teller. Solche verbreiteten etwas größeren Plastikteller taugen in Skandinavien zwar auch, wären aber nicht mein Favorit.

Normale Schneeteller von Langlaufstöcken sind zu klein und nicht für Tiefschnee geeignet. Außerdem sind ihre angewinkelten Skistockspitzen unpraktisch. Besser sind gerade, spitz zulaufende Spitzen geeignet.

Empfehlenswerte Skistöcke

Preislich solltest du für einen guten Alu-Skitock mit 100 Euro aufwärts rechnen. Meine Recherche hat eine kleine Auswahl zum Vorschein gebracht. Grundsätzlich empfehlenswert sind die Alu-Modelle von Åsnes, die in deutschen Handel nur bei Sport Albert gut zu bekommen sind. Alternativ lohnt ein Blick auf die Serie SWIX Mountain, wo aber Stand November 2022 das Aluminiummodell von der Seite verschwunden ist.

Ich selbst verwende Teleskopstöcke. Zum einen ist das der alte Komperdell BC Trail, mit einer maximalen Länge von 155 cm, schlankem Korkgriff und Leder-Schneetellern. Komperdell stellt aber keine wirklich tauglichen Backcountry-Skistöcke mehr her. Zum anderen nutze ich den Åsnes Kongsvold, ebenfalls mit einer Länge bis 155 cm, aber deutlich längerem Griff.

Als Ersatz habe ich häufig einen Black Diamond Distance Z Faltstock mit Tiefschneetellern und maximal 145 cm Länge dabei. Kein idealer Stock, da empfindliche Konstruktion und im Winter etwas zu kurz für mich, ist aber aus dem Sommer vorhanden und eh nur für den Notfall. Und er findet immer Platz in der Pulka.

Black Diamond hat zwei taugliche Stöcke bis 155 cm Länge im Programm, den Traverse und den Expedition 2 pro.

Wenn dir die Modelle hier noch nicht reichen, findest du einen Test für Skistöcke zum Skibergsteigen mit ähnlichen Modellen im Magazin Bergsteiger.

Es gibt also ein paar Modelle, auf die sich ein Blick lohnt. Im Vergleich solltest du dich noch mehr mit der Wahl der richtigen Fjellski und der Skistiefel/Skibindung beschäftigen.

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6 Gedanken zu „Skistöcke – ein vernach­lässig­ter Ausrüstungs­­gegenstand“

  1. Super Empfehlung. Brauche ohnehin Ersatz. Ohne Ersatzstock & Tape welches ich immer um die stöcke wickele wäre ich im März aufgeschmissen gewesen.

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    • Danke. Falls es für dich interessant ist, dann habe ich letzte Woche im Gespräch mit Komperdell erfahren, dass sie längere Festlängen auf Wunsch fertigen.

  2. Danke für die schönen Einblicke und die gute Aufstellung. Hier merkt man mal wieder, wie gut sich das liest, wenn jemand alles von vorne bis hinten korrekt aufdröselt. Weiter so und viel Spaß noch.

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  3. Hi Malte,

    habe mir die Black Diamond Traverse gegönnt und schon bei der ersten Tour ständig die Teller verloren. Hast du einen Tipp, wie man das vermeidet? Bei mir rutschen sie ständig von dem nicht wirklich nennenswerten „Gewinde“…

    Liebe Grüße
    Lutz

    Antworten
    • Hi Lutz,
      zurück von der Tour hier noch einmal die „offizielle“ Rückmeldung. Ich hatte dir dazu auch eine Mail geschrieben und hoffe, sie ist angekommen. Das Phänonem ist bei den älteren BD Traverse Stöcken meines Tourpartners noch nie aufgetreten und klingt nach einem Garantiefall. Der Verkäufer/Hersteller sollte nachbessern und wenn das mehrmals nicht hilft, dann würde ich auf einen anderen Stock setzen. So ein Schneeteller hat ja eine nicht unbedeutende Funktion.
      Viele Grüße
      Malte

  4. Hallo Malte,

    herzlichen Dank für deine „offizielle“ Rückmeldung! Ich hoffe du / ihr hattet eine schöne Wintertour und habt die Vidda genossen! Eure Insta- Story mit dem kleinen Auto sah jedenfalls abenteuerlich aus 😉

    Ich habe dem Verkäufer eben eine E-Mail geschrieben. Mal sehen was passiert 🙂 Das Gewinde der Schneeteller ist ziemlich einfach gehalten. Heißt, die in sich greifenden Komponenten (wie die Feder und Nut beim Laminat) bestehen nur aus einer „Feder / Nut“. Ist etwas schwer zu erklären 😉 Jedenfalls ist allein die Konstruktion schon merkwürdig, da das von der Bauart so gar nicht wirklich fixiert sein kann.

    Wie du sagst: Eine nicht unbedeutende Funktion, daher sollte das einfach auch zuverlässig halten.

    Jedenfalls finde ich es klasse, dass du dich extra nochmal meldest, um dein Feedback zu geben! Top! Vielen Dank!

    Viele Grüße
    Lutz

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