
Wer seine Begeisterung für Touren im Winter entdeckt hat, wird in der Regel schon ein wenig Erfahrung mit Wanderungen in der kalten Jahreszeit gemacht haben. Der nächste Schritt wären nun entweder Touren im tieferen Schnee oder eine erste Übernachtung im Schnee. Doch was sollte man dabei alles beachten?
Um im deutschen Winter seine erste Übernachtung im Schnee zu planen, braucht es nicht viel mehr Ausrüstung als in den anderen drei Jahreszeiten. Nur zum Ausprobieren lohnt sich noch keine Anschaffung einer Pulka oder eines Winterschlafsacks, für den auf allen anderen Touren wenig Verwendung wäre. Da dein normaler 3-Jahreszeiten-Schlafsack aber wahrscheinlich zu kalt ist, würde ich für den Anfang empfehlen, zwei mittelwarme Schlafsäcke übereinander zu ziehen.
Das ist zwar fummelig beim Einstieg, weil zwei Reißverschlüsse zugezogen werden müssen, aber es hält warm. Im Zweifel reicht auch ein weitgeschnittener Sommerschlafsack vom Discounter als äußerer Überzug.
Genauso verhält es sich mit Zelt, Kocher und den meisten anderen Utensilien. Für den Anfang sollte die bestehende Ausrüstung reichen, auch wenn es Zelte mit verschließbaren Lüftern gegen Schneeflug, Benzinkocher mit hoher Effizienz bei Kälte und z. B. Stirnlampen mit externem Batteriefach gibt, damit die Batterien unter der warmen Jacke getragen werden können. All das stellt (Semi-)Profi-Ausrüstung dar und kann bei bleibender Begeisterung nach und nach angeschafft werden.
Wohin kann es als allererstes gehen?
Für die erste Erfahrung empfehle ich eine Übernachtung im Schnee auf einem verschneiten Campingplatz. Im Süden Deutschlands wirst du dafür sicher fündig. In der Mitte bieten sich Erzgebirge, Thüringer Wald und das Sauerland als relativ schneesichere Gebiete an. Bei uns im Norden Deutschlands hat man dazu in Schierke im Harz eine wunderschöne Möglichkeit, weil es für Zelte keine parzellierten Bereiche gibt und man sich einfach seinen eigenen Platz zwischen den Bäumen sucht. Da kann sogar die Schneeschaufel zum Einsatz kommen. Die Lagerfeuerstelle kann abends gut genutzt werden, wobei man sein Holz selbst mitbringt.
Der Vorteil dieser Variante ist, dass es eine beheizte Küche mit Kochmöglichkeit gibt und auch die Sanitärräume warm sind. Für den Einstieg in die erste Übernachtung im Schnee ist es damit nicht gleich ganz so hart.
Was brauche ich unbedingt für die erste Übernachtung im Schnee?
- Schneeschaufel (für den Beginn geht vieles, aber kauf lieber gleich robust)
- Einigermaßen stabiles Zelt, falls Schnee fällt oder es windig wird
- Ein paar Schneeheringe oder Sandheringe
- Zwei normale Schlafsäcke (Komfortbereich Limit bei 0° Celsius) miteinander kombiniert, idealerweise ist einer etwas weiter geschnitten als der andere
- Zwei dicke Isomatten miteinander kombiniert
- Warme Kleidung, am besten nach dem Zwiebelprinzip (Mütze, Handschuhe, lange Unterwäsche,…)
- Für den Abend am Feuer eine warme Jacke
- Ein Sitzkissen für die Lagerfeuerrunde
- Eine Thermoskanne für warme Getränke
- Eine hitzebeständige Trinkflasche, die auch als Wärmflasche genutzt werden kann
- Taschenlampe mit frischen Akkus
Wie geht es danach weiter?
Wer nun die nächsten Schritte in Richtung einer Wintertour gehen möchte, sollte eine dreitägige Tour durch das Mittelgebirge durchführen. Dass du dabei gar nicht so weit weg von skandinavischen Erlebnissen bist, zeigt Haukes Artikel „Friluftsliv im Böhmerwald“. Spätestens jetzt braucht es einen großen Rucksack oder du leihst dir eine Pulka bei mir aus. Außerdem musst du einen Kocher zum Zubereiten von warmen Mahlzeiten und Tee einpacken, ggf. sogar zum Schmelzen von Schnee oder Eis. Und du solltest dich auch fragen, ob Ski oder Schneeschuhe das geeignete Fortbewegungsmittel für dich sind.
Die Erfahrungen einiger solcher Touren liefern das Basiswissen für größere Touren. Friere ich schneller an den Füßen oder an den Händen? Wie lässt sich mein Kocher mit dicken Handschuhen bedienen? Wie stark steigt mein Energiebedarf bei Kälte an?
Am besten passieren dir dabei schon kleine Missgeschicke, aus denen du lernen kannst. Es heißt schließlich: Aus Fehlern wird man klug. Und alle müssen da irgendwie durch, wie die Sammlung von Fehlern auf Wintertouren zeigt.
Und wann geht es nach Skandinavien?
Vor der ersten längeren Winterwanderung würde ich drei kürzeren Touren empfehlen. Erst dann lohnt sich die Anschaffung von spezieller Ausrüstung, was ich für eine längere Tour auch rate. Welchen Bedarf es dafür gibt, muss jede oder jeder selbst entscheiden. Tipps zu passender Ausrüstung gibt es hier in den meisten Beiträgen und auch eine Packliste für Wintertouren habe ich als Beispiel angelegt.
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Geht es schließlich in das skandinavische Fjell, empfehle ich, mit einer Kombination von Hütte und Zelt zu starten. Mancherorts kannst du Ski oder Schneeschuhe leihen, denn ohne funktioniert es im Fjell nicht mehr. Am besten geht es sich in einer kleinen Gruppe, von denen vielleicht einzelne schon erfahrener sind. Schöne (erreichbare) Landschaften sind die östliche Hardangervidda, Rondane und der südliche Kungsleden. Ein guter Zeitpunkt für die Tour wäre Ende März/Anfang April. Zur besseren Vorstellung beschreibe ich hier einen ganz normalen Tag auf Wintertour. Drei Beispiele für unterschiedliche Tourstile von Basiscamp bis Mini-Expedition findest du im Beitrag zur Tourplanung von Wintertouren.
Worauf muss ich mich mental einstellen?
Kälte führt zu ganz technischen Problemen: Auch wenn übermäßiges Frieren nur selten das Problem ist, so ist es eben doch ziemlich kalt. Große Kälte erfordert mehr Umsicht und oft ein Umdenken. In Pausen muss man sich immer etwas überziehen, um nicht auszukühlen. Abends schlüpft man recht bald in den Schlafsack und liegt dann eben herum. Bei vielen Kleinigkeiten muss man sich schlicht umgewöhnen: Metall sollte man nicht mit bloßen Händen anfassen. Was einfrieren kann, friert ein, auch Zahnpasta in der Tube. Im Schnee zu wandern heißt oft, nur halbe Tagesetappen von Sommertouren zu schaffen. Denn Winter heißt in der Regel auch, dass deutlich weniger Tageslicht und damit weniger Zeit zur Verfügung steht.
Interessanter ist aber der Umgang mit Problemen, stressigen Momenten oder ungewissen Situationen. Hier solltest du einen kühlen Kopf bewahren und viel Zeit in die mentale Vorbereitung einer Wintertour stecken.
Dafür belohnt der Winter mit unberührten Naturlandschaften, dem einzigartigen Winter-Wunderland. Selbst bekannte Landschaften sehen nun ganz anders aus. Die Sonne lässt Eiskristalle funkeln und der Schnee schluckt viele Geräusche. Wandern im Schnee ist für mich noch meditativer als zu anderen Jahreszeiten. Oft bemerke ich plötzlich, dass ich schon seit geraumer Zeit keinen einzigen Gedanken mehr bewusst gedacht habe. Das entschädigt dann für die vielen Gedanken, die man sich vorher um die Vorbereitung machen musste.
Übrigens: Im gemeinsamen Podcast haben Simon und ich uns thematisch ein bisschen an einer exemplarischen ersten Wintertour entlanggehangelt.
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Moin,
Trekkingtouren bis zu -9°C habe ich schon hinter mir, jedoch springen mir die Leute ab, wenn es noch kälter wird. 😀
Also meine Frage wäre: Wo kann man Gleichgesinnte finden? In Richtung Onlineforen habe ich bisher nichts gesehen.
PS. Schicke und gut gemachte Seite! 😉
Hallo Henning,
sorry für die späte Antwort, ich war die letzten Wochen viel unterwegs in Skandinavien auf zwei Touren. Ich denke, auf Social Media kann man ein paar Kontakte knüpfen. Aber ich überlege schon, ob sich nicht mal ein gemeinsames Zeltlager im Harz oder so anbietet, wo einfach kommt, wer mag.
Danke auch für dein Lob.
Viele Grüße
Malte
Ich hab mich schon immer gefragt ob man in einer Schneehöhle ersticken kann. Oder ob man im Notbiwak, wenn man brutal eingeschneit wird, Gefahr läuft zu ersticken.