Erste Hilfe im Winter

Unterkühlung und Erfrierungen sind im Winter die größten Gefahren. Die medizinischen Grundlagen für Erste Hilfe unterscheiden sich im Winter wenig von der Erstversorgung in anderen Jahreszeiten. Aber es gibt viele Irrtümer über die richtige Versorgung von Notfällen, die durch Kälte erzeugt wurden. Weil oft eine schnelle Reaktion nötig ist, solltest du bei Minusgraden alle Handgriffe beherrschen. Es könnte Leben retten.

Inhaltsverzeichnis

Basiswissen

Um mit medizinischen Notfällen umgehen zu lernen, empfehle ich dir einen allgemeinen Erste-Hilfe-Kurs sowie eine regelmäßige Auffrischung des Gelernten. Wenn du dich intensiver mit dem Thema beschäftigen möchtest, kannst du auch umfangreiche Kurse zu Erster Hilfe Outdoor besuchen, wie sie spezialisierte Anbieter im Programm haben. Hier wird besonders auf typische Outdoorverletzungen oder -gefahren eingegangen und meist auch gleich in der Natur der praktische Umgang erlernt.

Keine dieser Schulungen kann jedoch eine professionelle medizinische Versorgung im Notfall ersetzen, wie sie nur langjährig ausgebildetes Fachpersonal leisten kann. An dieser Stelle sei daher auch darauf hingewiesen, dass es sich bei meinen Schilderungen um ein erstes Informationsangebot zu dem Thema handelt und nicht um medizinischen Rat im Notfall.

Typische Verletzungen

Zu den typischen Verletzungen zählen Wunden wie Abschürfungen, Prellungen, kleinere Brandwunden und Blutungen. Hier wird von dir erwartet, dass du dir selbst helfen und dich in Sicherheit bringen kannst.

Traumatische Verletzungen wie Knochenbrüche und Bänderrisse sind schon ernster. Hier unterscheidet sich das Vorgehen nicht wesentlich von der normalen Erstversorgung, nur die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungsdienste dauert länger. Wenn du dich selbst bergen kannst, hast du Glück, aber niemand erwartet, dass du mit einem gebrochenen Bein aus dem Fjell kriechst. Rufe in dem Fall also bitte Hilfe.

Ich gehe hier nicht auf traumatische Verletzungen ein, sondern setze die entsprechenden Kenntnisse voraus oder empfehle dir einen Kurs. Wenn du mehr lesen möchtest, dann empfehle ich dir das Buch „Erste Hilfe unterwegs“ von Armin Wirth. Es stellt auch eine der Quellen für das Fachwissen dieses Beitrags dar.

Abschnitt I – Unterkühlung

Nach Definition liegt eine Unterkühlung vor, wenn die Körpertemperatur der betroffenen Person unter 35° Celsius fällt. In diesem Fall handelt es sich bereits um eine relevante Störung des Wärmehaushaltes. Es ist also mehr als „nur“ Frieren. Unterschieden wird anschließend nach einer leichten und schweren Unterkühlung.

Leichte Unterkühlung

Bei einer Körpertemperatur zwischen 35°-34° Celsius gilt die Person als leicht unterkühlt. In diesem Fall ist Erste Hilfe noch als Eigenmaßnahme möglich.

Eine leichte Unterkühlung ist an verschiedenen Symptomen zu erkennen. Dazu gehören

  • Zittern und ein Kältegefühl
  • Erregungszustand und zunehmende Müdigkeit/Erschöpfung
  • Schmerzen an den Extremitäten
  • bläulich-blasse Haut und blaue Lippen
  • schneller Puls
  • erhöhter Blutdruck (ohne Gerät nicht feststellbar)
  • flache Atmung
  • unkoordinierter Gang
  • stolpern über Ski oder Schwierigkeiten im mäßig schwierigem Gelände zu gehen

Für den Verdacht einer Unterkühlung reichen bereits einzelne dieser Anzeichen aus. Da Erschöpfung und Anstrengung mit schnellem Puls oft in schwierigen Passagen oder bei körperlicher Verausgabung auftreten, ist gerade auch in Bewegung darauf zu achten, wie es um einen selbst und die anderen Gruppenmitglieder steht.

Gegenmaßnahmen bei leichter Unterkühlung

Zeigen sich Anzeichen einer leichten Unterkühlung, besteht Handlungsbedarf. Eine Person, die zittert, ist noch nicht in Lebensgefahr. Eine Person, die immer noch in der Kälte ist und aufhört zu zittern, ist in Lebensgefahr. Die unterkühlte Person muss schnellstens aus der kalten Umgebung entfernt und windgeschützt gelagert werden. Am besten wird dafür das Zelt aufgebaut oder notfalls kann ein Windsack helfen, denn durch den Windchill-Effekt wird dem Körper extrem viel Wärme entzogen. Feuchte Kleidung oder Schuhe sollten sofort gegen trockene und warme Kleidung getauscht werden, die weit genug geschnitten ist, um die Blutzirkulation nicht zu behindern.

Ist die unterkühlte Person noch bei vollem Bewusstsein, sollte diese sich möglichst durch körperliche Bewegung aktiv beteiligen. Gut sind dafür Kniebeugen, Liegestütze, Armkreisen und leichtes Hüpfen geeignet.

Wann es Hilfe durch andere braucht

Sobald eine Bewusstseinsstörung bei der Person bemerkt wird, sollte das passive Aufwärmen bevorzugt werden. Die Person kommt in einen warmen Schlafsack, unbedingt mit einer ausreichend dicken Isomatte gegen die Bodenkälte. Als Position eignen sich die Rückenlage oder im Zweifel auch die stabile Seitenlage. Anschließend wird eine sogenannte Hibler-Wärmepackung in Form einer Wärmflasche oder eines Taschenofens in Kleidung eingewickelt (sonst zu heiß!) und ausschließlich am Hals (Schlagader) oder auf den Leisten im Schritt platziert. Mehrere solcher Pakete sind noch besser. Beim Aufwärmen sollten die Vitalzeichen regelmäßig kontrolliert werden.

Erst wenn die unterkühlte Person wieder bei vollem Bewusstsein ist, sollten warme, gezuckerte Getränke wie Tee und hochkalorische Nahrung gegeben werden. Wichtig ist, dass die Person auch bei Appetitlosigkeit etwas zu sich nimmt. Der Appetit geht im Winter zurück, der Körper braucht für sein Kraftwerk allerdings dringend „Brennstoff“. Zur Erholung sollte ein Pausentag mit guter Ernährung eingelegt werden.

Schwere Unterkühlung

Eine schwere Unterkühlung liegt vor, wenn die Körpertemperatur unter 34° Celsius sinkt. Es gibt eine Grauzone im Verlauf zwischen leichter und schwerer Unterkühlung. Obwohl bei einer leichten Unterkühlung noch eigene Erste Hilfe angebracht ist, so solltest du im Fall einer schweren Unterkühlung keine eigenen Maßnahmen mehr durchführen. Professionelle Hilfe ist dringend zu bevorzugen!

Die Symptome für eine schwere Unterkühlung sind

  • deutliche Bewusstseinstrübung
  • Entscheidungsschwäche
  • Erinnerungslücken
  • Unterzuckerung (ohne Gerät nicht feststellbar)
  • nachlassendes Schmerzempfinden
  • langsamer Puls
  • unregelmäßige Atmung
  • Herzrhythmusstörungen (für Laien kaum zu erkennen)
  • schließlich weite Pupillen*
  • keine Schmerzreflexe mehr*
  • nur noch schwacher Puls*
  • Extreme: Koma, Atemstillstand, Scheintod*

* nur bei sehr schwerer Unterkühlung in extremen Fällen

Gegenmaßnahmen bei schwerer Unterkühlung

Bei einer schweren Unterkühlung besteht die Gefahr eines lebensbedrohlichen Herzkammerflimmerns durch Erschütterungen. Die unterkühlte Person muss daher immer äußerst vorsichtig und behutsam bewegt oder transportiert werden.

Da beim Erwärmen der Person ein Wiedererwärmungsschock eintreten kann, ist professionelle Hilfe unbedingt vorzuziehen. Bei diesem Schock spielt die mit einer Unterkühlung häufig einhergehende Dehydration eine bedeutende Rolle. Wird die Person zu schnell erwärmt, öffnen sich die Blutgefäße der Extremitäten und das durch das Austrocknen verdickte Blut strömt zurück in die anderen Körperteile. Da das Blutvolumen im Körper dafür nicht ausreicht, sinkt der Blutdruck extrem schnell: Der Schockzustand setzt ein. Gleichzeitig wird das Blut in den zuvor undurchbluteten Körperteilen mit Stoffwechselabfällen verunreinigt und irritiert das Herz beim Zurückströmen zusätzlich. Man spricht auf von Afterdrop oder Bergungstod.

Sofern alle Vitalfunktionen stabil sind, ist es daher angebracht, die stark unterkühlte Person in diesem Zustand zu lassen und Hilfe anzufordern. Selbst einige Tage ohne Erwärmung können in diesem Zustand überlebt werden.

Ausnahme: Nach einem Sturz ins Wasser beim Überqueren von unsicherem Eis und einer schnell eintretenden schweren Unterkühlung kann und sollte die Person direkt erwärmt werden.

Und wenn es bei schwerer Unterkühlung keine professionelle Hilfe gibt?

Nur in diesem Fall kannst du die Person ähnlich wie bei leichter Unterkühlung behandeln. Wärmflaschen in Kleidung eingewickelt werden an Hals, auf die Leisten und zusätzlich an die Seiten des Brustkorbs gelegt und regelmäßig ausgetauscht. Die Wärmepakete dürfen nicht zu heiß sein! Alle Vitalfunktionen müssen dauerhaft überwacht werden. Bei Scheintod durch Unterkühlung besteht die Gefahr, zu früh mit einer Reanimation zu beginnen. Diese darf erst durchgeführt werden, wenn mindestens 3 Minuten lang sicher kein Puls und keine Atmung festgestellt wurden. Die Person darf nicht bewegt werden. Auf keinen Fall dürfen warme Getränke verabreicht werden, bevor die Person wieder bei Bewusstsein ist. Nach Übergang in den Zustand der leichten Unterkühlung wird wie dort beschrieben verfahren.

Aber noch einmal: Bei einer schweren Unterkühlung ist die Evakuierung oberstes Ziel!

Abschnitt II – Erfrierungen

Bei Erfrierungen handelt es sich um lokale Gewebeschädigungen durch intensive örtliche Kälteeinwirkung. Gerne treten Erfrierungen im Zuge einer allgemeinen Unterkühlung auf, sie sind an exponierten Stellen aber auch ohne Unterkühlung möglich.

In dem Fall einer schweren Unterkühlung mit einer Körpertemperatur unter 32° Celsius stellt diese die größere Gefahr dar und entsprechend musst du zuerst Gegenmaßnahmen gegen die Unterkühlung durchführen. Die Unterteilung in drei oder vier Grade der Erfrierung spielt vielleicht in der Klinik eine Rolle, aber auf Tour sind die feinen Differenzierungen nicht ausschlaggebend. Unterschieden wird nur nach leichter und schwerer Erfrierung:

Leichte Erfrierungen

Eine leichte Erfrierung liegt vor, wenn der betroffene Körperteil wachsweiß und kalt ist und nur noch eingeschränkt Gefühl zeigt. Das darunterliegende Gewebe ist dann noch weich und flexibel. Oft zeigt sich spätestens beim Abtasten ein brennender Schmerz, es können sich Frostbeulen mit Blasenbildung und leichte Schwellungen bilden.

Gegenmaßnahmen bei leichten Erfrierungen

Auch bei Erfrierungen sollte die Person möglichst schnell in eine warme Unterkunft oder wenigstens das Zelt gebracht werden, um keiner weiteren Kälte ausgesetzt zu werden. Anders als bei Unterkühlung solltest du den erfrorenen Körperteil möglichst rasch aufwärmen. Dazu eignet sich am besten ein Wasserbad mit 38°-40° Celsius Wassertemperatur. Der Körperteil sollte darin für 20-40 Minuten aufgewärmt werden. Also Kocher an und sofort Schnee schmelzen. Bis zum Erwärmen des Wassers kann die Haut-zu-Haut Erwärmung genutzt werden, wobei die Finger oder Zehen auf den Bauch der Begleitperson oder in die eigene Achselhöhle gelegt werden.

Achtung! Ein erfrorener Körperteil verfügt über kein Gefühl mehr, sodass zu heißes Wasser nicht wahrgenommen wird. Daher sollte die Wassertemperatur ständig überwacht werden.

Zusätzlich sollte ein Blutverdünner wie Aspirin gegeben werden (alle 6 Stunden über 10 Tage oder bis zur nächsten medizinischen Hilfe). Lockere Verbände oder Abpolstern helfen gegen Druckstellen und -schmerzen. Gegen Schwellungen hilft eine erhöhte Lagerung des betroffenen Körperteils. Blasen werden grundsätzlich nicht geöffnet und es muss darauf geachtet werden, dass die Haut an den betroffenen Stellen sauber und trocken gehalten wird. Auch eine antiseptische Behandlung ist anzuraten.

Schwere Erfrierungen

Der Körperteil färbt sich bei einer schweren Erfrierung tiefrot bis violett und später totenblass. Der Körperteil ist gefühllos, fühlt sich bei Berührung eisig an und meist besteht dabei auch kein Schmerzempfinden mehr. Nachlassender Schmerz bei gleichbleibender Kälte ist daher ein Warnsignal. Es kann auch zu bläulich-schwarzen Nekrosen kommen oder der Körperteil vereist total.

Gegenmaßnahmen bei schweren Erfrierungen

Außerhalb von extremen Expeditionen solltest du die Tour in diesem Fall abbrechen und dringend medizinische Hilfe aufsuchen. Dies gilt auch immer dann, wenn gleichzeitig eine schwere Unterkühlung oder ein schlechter Allgemeinzustand vorliegen, weil die Behandlungsmöglichkeiten auf Tour dafür nicht ausreichen.

Wenn keine Evakuierung möglich ist, kann es sinnvoller sein, den erfrorenen Körperteil im gefrorenen Zustand zu belassen, bis medizinische Hilfe eintrifft oder wenigstens die nächste Hütte erreicht wurde. Denn ein erneutes Einfrieren würde den Schaden verstärken.

Was solltest du bei Erfrierungen auf gar keinen Fall tun?

Die gefrorene Stelle am Körper sollte …

  • … niemals massiert werden, weil dann die unteren Gewebeschichten ebenfalls zerstört werden können,
  • … auf keinen Fall mit trockener Hitze von einem Lagerfeuer oder einem Föhn aufgetaut werden, da sie kein Wärmeempfinden für die Hitze hat,
  • … nie langsam aufgewärmt werden (anders als bei Unterkühlung!) und
  • … niemals mit Schnee eingerieben werden.

Vorbeugen vor Erfrierungen und Unterkühlung

Es gibt einige Möglichkeiten, Erfrierungen vorzubeugen, die durch eigenes Fehlverhalten entstehen. Die Gefahr beschränkt sich dann auf Erfrierungen, die durch Notsituationen oder Unfälle eintreten können.

  • Vor Wind schützen! Der Windchill-Faktor spielt eine sehr wichtige Rolle beim Temperaturverlust. Bedecke alle empfindlichen Stellen mit winddichten Stoffen.
  • Insbesondere Kopf, Gesicht und Nacken sollten bei Wind immer ausreichend isoliert und bedeckt sein.
  • In einer Gruppe sollten alle gegenseitig auf leichte Erfrierungen im Gesicht achten, erkennbar durch weiße Flecken auf Wangen und Nase. Alleine hilft ein Spiegelkompass.
  • Zu enge Skistiefel behindern den Blutfluss, sodass die Zehen schneller betroffen sind. Ausreichend Platz im Schuh ist erst, wenn die Zehen die Außenwand nicht mehr direkt berühren. Achte auch darauf, dass die Bindungen deiner Schneeschuhe den Fuß nicht abschnüren.
  • Genauso verhält es sich mit den Fingern und Handschuhen. Mindestens Linerhandschuhe oder besser dünne Fingerhandschuhe sind bei starken Minusgraden Pflicht, auch wenn kleinere Handarbeiten anfallen. In Bewegung eignen sich dicke Fausthandschuhe besser. Achte auf einen nicht zu engen Sitz oder zu straffe Gummis am Handgelenk. Auch Fingerringe können einengen.
  • Bei häufig kalten Händen kann es helfen, die Skistöcke kürzer zu stellen, um die Durchblutung zu fördern.
  • Gleichzeitig sollte man nicht zu viel anziehen, um nicht zu schwitzen. Der Schweiß leitet die Wärme viel besser und spätestens in der nächsten Pause kühlt man rasch aus.
  • In Pausen sollte man immer eine warme Daunenjacke überziehen und auch den Reißverschluss schließen.
  • Im Winter ist es wichtig, viel zu trinken, da viel Flüssigkeit unbemerkt über den Atem verloren geht. Idealerweise handelt es sich dabei um Heißgetränke aus einer Thermoskanne.
  • Ebenso wichtig ist die Nahrungsversorgung mit Nüssen, Schokolade, Keksen und fetter Salami, damit der Körper als Wärmekraftwerk über ausreichend Brennstoff verfügt.
  • Einmal erfrorene Stellen dürfen auf keinen Fall erneut einfrieren. Die Isolation der empfindlichen Stelle ist daher sehr wichtig.
  • In der Vergangenheit kältegeschädigte Körperteile sind oft ein Leben lang deutlich empfindlicher und müssen besonders beobachtet werden.

Abschnitt III – Weitere Gefahren

Warnsymptome bei Bauchschmerzen

Eine besondere Schwierigkeit unterwegs sind Bauchschmerzen, da wir dabei keine äußere Verletzung sehen können. Gehen diese Schmerzen über normale Schmerzen wie bei Sodbrennen, Magenverstimmung oder leichte Übelkeit hinaus, muss entschieden werden, ob die Person evakuiert und zu einer Ärztin oder einem Arzt gebracht werden sollte oder ob ein Pausentag vielleicht angebrachter wäre.

In der Regel führt eine Entzündung oder Verletzung eines der Organe aus dem Bauchraum zu einer Reizung des inneren Bauchfells. Diese Reizung führt zu Übelkeit und weiträumigen Schmerzen, lässt aber noch keine genaue Lokalisierung und damit kaum eine Diagnose zu. Erreicht die Entzündung das äußere Bauchfell, zieht sich die Bauchdecke zu einer brettharten Abwehrspannung zusammen und Schmerzen sind durch ein Klopfgefühl oder bei Erschütterung genauer lokalisierbar.

Wann muss die Person mit Bauchschmerzen evakuiert werden?

Die verletzte Person sollte nun mit erhöhtem Oberkörper und leicht angewinkelten Knien gelagert werden. Um zu entscheiden, ob eine Evakuierung dringend erfolgen sollte, sind folgende Warnsymptome zu beachten:

  • Abwehrspannung der Bauchdecke
  • Starke Berührungsempfindlichkeit der Bauchdecke
  • Langanhaltendes Fieber oder Temperaturen über 40° Celsius
  • Hartnäckiges Erbrechen und/oder Durchfall, z. B. wenn Mageninhalt bereits vollständig entleert
  • Blut aus Mund oder After
  • Bauchschmerzen, die nicht innerhalb von 12 Stunden besser werden
  • Schmerzen, die zunehmend stärker werden und sich von einem allgemeinen zu einem lokalisierbaren Schmerz entwickeln
  • Anzeichen eines Volumenmangelschocks (durch Blutverlust oder Dehydrierung)

Idealerweise sollte bei allen Bauschmerzen zunächst gemeinsam versucht werden, mögliche Ursachen zu eruieren. Können Lebensmittel verdorben gewesen sein? Sind alle betroffen oder hat nur eine Person davon gegessen? War das Essen durch Brennstoff verunreinigt? Gibt es starke Entzündungen am Körper, die zu einer Blutvergiftung geführt haben könnten? Wurden Medikamente eingenommen? Führt die Person ab? Wie ist die Urinfarbe? Gab es sonstige Ereignisse, die zu Bauchschmerzen führen könnten?

Ab wann mit Bauchschmerzen sofort zum Arzt?

Die Situation ist lebensbedrohlich, wenn die Person durch den Flüssigkeitsverlust austrocknet. Wenn man eine Hautfalte am Arm zusammendrückt und diese stehen bleibt oder sich nur sehr langsam zurückbildet, handelt es sich um einen akuten Notfall, der einen Rettungseinsatz erfordert.

Auch bei Blut im Stuhl oder im Erbrochenem, bei starken Schmerzen, niedrigem Blutdruck, bei schnellem Puls und bei Schwindel, gleichzeitigen Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen sollte der Weg dringend zur nächsten Arztpraxis führen.

Schneeblindheit

Schneeblindheit ist im Prinzip nichts anderes als ein Sonnenbrand der Bindehaut der Augen. Wie beim Sonnenbrand verursacht die UV-Strahlung der Sonne eine Schädigung der Oberfläche. Durch die Reflexion des Schnees wirkt die Strahlung doppelt. Vermutlich spielt aber die Höhe eine größere Rolle als der Schnee, da es vor allem beim Höhenbergsteigen auftritt.

Symptome von Schneeblindheit sind stark lichtempfindliche Augen, Tränenfluss, Kopfschmerzen, Augenschmerzen, brennende Lider beim Blinzeln, ein Nachlassen der Sehfähigkeit und das starke Wahrnehmen eines Halo-Effekts. Im schlimmsten Fall führt Schneeblindheit – wie der Name schon sagt – zum vorübergehenden völligen Erblinden.

Gegenmaßnahmen bei Schneeblindheit

Zunächst solltest du dich vor allem vor Schneeblindheit schützen. Das beste Mittel ist es, die Augen mit einer guten Sonnen- oder Gletscherbrille von der UV-Strahlung abzuschirmen. Diese sollte auch bei bedecktem Himmel getragen werden und muss am Rand eng am Gesicht anliegen, um Streulicht zu minimieren. Für viele überraschend, hilft bei Verlust der Brille der Streifen einer Rettungsdecke als Provisorium.

Schneeblindheit ist wie ein Sonnenbrand meist schmerzhaft, aber ungefährlich, sofern kein völliger Verlust der Sehkraft vorliegt. Überwiegend reicht es aus, bei den ersten Anzeichen von Schneeblindheit in das Zelt zu kriechen und die Augen vor noch mehr Licht und Strahlung zu schützen. Aspirin oder spülende Augentropfen können den Schmerz lindern.

Ist die Sehkraft bereits deutlich beeinträchtigt, reicht ein Pausentag in der Regel zur Regeneration aus. Wie bei Erfrierungen auch sind Menschen empfindlicher, die bereits einmal betroffen waren.

Absetzen eines Notrufs

Ein aufgeladenes Handy ist unerlässlich! Der Notruf per Handy (112) ist in allen europäischen Ländern gleich. Das Handy wählt sich automatisch in das stärkste verfügbare Netz ein und der Anruf wird an die Notrufzentrale weitergeleitet. Außerdem funktioniert dies auch ohne Guthaben, solange die SIM-Karte aktiv ist.

Einen Notruf abzusetzen, ist ganz einfach:

  1. wählen der 112
  2. beantworten aller Fragen
  3. erst auflegen, wenn sich der Gesprächspartner verabschiedet
  4. warten bis der Rettungsdienst eintrifft

Mehr braucht es tatsächlich nicht, um erfolgreich die Rettungskette in Gang zu setzen. Zusätzlich ist eine aktuelle (GPS-)Position dafür sehr hilfreich.

Und wenn du kein Handynetz hast? Wer einen Notsender wie den Garmin inReach mini dabei hat, kann mit diesem in Notsituationen entweder Hilfe von eingeweihten Personen anfordern oder ein Notsignal absetzen. Dieses alarmiert direkt den weltweiten IERCC-Notdienst (ehemals GEOS), der dann die nächstgelegenen Rettungsdienste informiert. Auch hier können je nach Gerät Rückfragen über einen Messenger gestellt werden.

In beiden Fall ist eine spezielle Bergeversicherung zu empfehlen. Meiner Meinung nach sollte immer die Versicherung des DAV (oder in meinem Fall die Bergungsversicherung der Bergrettung Tirol) vorhanden sein. Die normale Krankenversicherung wird nur bei Not für Leib und Leben zahlen, das reicht mir nicht.

In manchen Regionen gibt es auch Nottelefone auf (Schutz-)Hütten. Diese sind zwar dem Notfall vorbehalten, aber eine freundliche Nachfrage, wie lang der Schneesturm, in dem man gerade steckt, noch dauert, ist den meisten Rettungsdiensten lieber als ein unnötiges Ausrücken, weil du bereits vermisst wirst.

Noch ein Tipp für den Ernstfall: Es gibt kleine Reflektoraufkleber, die du auf deine Skispitzen kleben kannst. Wenn du alle Ski dann gut sichtbar um das Zelt einsteckst, haben die Rettungskräfte es mit ihren Scheinwerfern an den Schneemobilen leichter, dich bei schlechter Sicht zu finden.

Vermissten­meldung aus dem Ausland

Ein Thema, bei dem es sehr auf die individuelle Situation ankommt, ist das Kontaktieren der Rettungsdienste aus der Heimat durch Familienangehörige oder einen Notfallkontakt. Prinzipiell ist es zu empfehlen, dass es zu Hause eine eingeweihte Person gibt, die dich vermisst melden kann, wenn du dich sehr lange nicht meldest. Nun ist es keine Seltenheit, dass du tagelang auf einer Hütte oder im Zelt abwetterst oder auch mal eine vermeintlich verschickte Nachricht nicht durchkommt. Da kann bei der Familie schnell Unruhe aufkommen und es gilt im Vorfeld klare Absprachen zu treffen, wann ein Alarmieren wirklich sinnvoll ist. Ideal ist daher ein Notfallkontakt mit Wintertour-Erfahrung.

In Schweden und Norwegen wird über die Telefonnummer 112 die Polizei verständigt, die auch die Bergrettung koordiniert. Nun besteht für die Person zu Hause in Deutschland das Problem, dass die 112 sie in ihrem Heimatland verbindet und nicht in dem Land deines Aufenthalts. Es ist aber möglich, aus Deutschland die norwegische Polizei anzurufen, sogar bis hin zur einzelnen Polizeistation. Und auch die schwedische Polizei ist aus dem Ausland erreichbar.

Blasen sind die typischsten kleinen Blessuren auf Wintertour: unangenehm, aber meist harmlos (Foto: Malte Hübner)
Blasen sind die typischsten kleinen Blessuren auf Wintertour: unangenehm, aber meist harmlos

Anlegen eines Erste Hilfe Sets für Wintertouren

Erst die Ausbildung, dann die Materialzusammenstellung!

Wer mit seinem Erste-Hilfe-Set nicht umgehen kann, dem nützt auch das beste Set nichts. Und wer gut ausgebildet ist, der weiß, was in ein Set gehört. Ich möchte dir dennoch einen Überblick geben, was meiner Meinung nach in ein Erste Hilfe Paket für Wintertouren muss. Ergänzt wird es durch eine kleine Apotheke mit den nötigsten Medikamenten. Andere Dinge müssen nicht mit, außer du hast damit häufiger Probleme oder willst auf eine kleine Expedition.

  • Standardausrüstung wie Verbandmaterialien, Binden, Wundschnellverbände und Kompressen und Wundauflagen
  • Schere
  • Sporttape, Kinesiologietape oder Hypafix (sehr kältebeständig) zum Abkleben von Scheuerstellen
  • Blasenpflaster
  • Klammerpflaster oder Wundnahtstreifen
  • Einweg-Skalpell
  • einige Alkoholtupfer
  • Pinzette
  • Fieberthermometer (Achte darauf, dass es bis 32° Celsius geht)
  • Betaisadona zur Wunddesinfektion
  • Aspirin zur Blutverdünnung und als leichtes Schmerzmittel
  • Ibuprofen 400 und 800 retard* (letztere sollten nicht geteilt werden, da retard erst im Darm wirkt)
  • Hirschtalg für die Füße und gegen den bösen Wolf im Schritt
  • ggf. Einweghandschuhe
  • ggf. SAM Splint Schiene
  • ggf. Toofypegs für temporäre Zahnfüllungen
  • ggf. Loperamid gegen Durchfall
  • ggf. Buscopan gegen Magenkrämpfe
  • ggf. Breitbandantibiotika* (z. B. bei Blasenentzündungen das umstrittene Ciprofloxacin)
  • ggf. Augentropfen bei Schneeblindheit
  • ggf. Schmerzgel für Muskelverletzungen

*verschreibungspflichtige Medikamente sind nur du über deinen Arzt/Ärztin als Privatrezept erhältlich

Nutzlos sind bei Kälte

  • nahezu alle Salben, da sie einfrieren (manche müssen halt trotzdem mit)
  • Wundsprays (aus demselben Grund)
  • chemische Wärmepads funktionieren bei großer Kälte nur sehr schlecht
  • Kältekompressen 🙂

Erste Hilfe im Winter ist ein ganz schön umfangreiches Thema, das du immer kennen und hoffentlich nie brauchen solltest. Bleib gesund und pass auf dich auf!

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