Winter-Hüttentouren in Skandinavien

Wer die Übernachtungen im Zelt auf Wintertour zu abenteuerlich findet oder einfach mehr Komfort sucht, kann in vielen Gebieten Skandinaviens auf ein hervorragendes Netz an Berghütten zurückgreifen. Diese Hütten ermöglichen mehrtägige Winter-Hüttentouren ohne Zelt, denn oft liegen sie genau eine Tagesetappe voneinander entfernt. In der Saison um Ostern sind sogar die Wege dazwischen markiert. Ideale Voraussetzungen, um auch als Anfängerin oder Anfänger eine erste Wintertour zu wagen und in den Hütten zu übernachten. Worauf du dabei achten solltest, erfährst du in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

Die Hütten

Bei den Hütten handelt es sich in der Regel um einfache Berghütten mit Mehrbettzimmern, sie sind also weit vom Hotelstandard entfernt. Wichtig ist vor allem der Unterschied zu den Berghütten in den Alpen, denn in Norwegen oder Schweden geht es oft ein wenig beschaulicher zu. Manche kleinen Hütten haben nur vier Schlafplätze und es gibt auch kein Personal vor Ort. Du kochst dir dein Essen auf Winter-Hüttentouren also selbst! Und auch um das Brennholz, die Trinkwasser-Versorgung und den Abwasch kümmerst du dich (mit den anderen Gästen zusammen).

Sitzecke einer großen Hütte mit viel Komfort (Foto: Lutz Grünke)
Sitzecke einer großen Hütte mit viel Komfort

Unterschiede der Hütten

Allerdings gibt es verschiedene Arten von Hütten, die vor allem von ihrer Größe und Besucherfrequenz abhängen. Eine Bewirtschaftung ist die Ausnahme bei den ganz großen Hütten. Dort kannst du Frühstück und Abendessen (Drei-Gänge-Menü) bekommen und genießt auch sonst viel Luxus wie Strom oder fließend Wasser.

In einfacheren Hütten sind oft eine Hüttenwartin oder ein Hüttenwart zugegen, kümmert sich aber nur um das Haus und nicht um dich als Gast. Natürlich stehen sie oft mit Rat und Tat zur Seite, aber grundsätzlich packst du bei allem selbst an. In den hochwertigeren Selbstversorger-Hütten gibt es immerhin einfache Proviantschränke mit Kasse vor Ort oder Bezahlung in einer App. So kannst du bei den Lebensmitteln viel Gewicht sparen. Zur Sicherheit würde ich dir aber raten, immer einen Ziplock-Beutel Müsli, ein Trekking-Gericht und etwas Schokolade im Rucksack zu haben. So bist du für leere Regale oder spontane Biwaks gewappnet.

Bei den kleinen bzw. einfachen Hütten bringst du alle Lebensmittel selbst mit. Spätestens hier brauchst du in Norwegen aber auch den Hüttenschlüssel vom norwegischen Tourismusverband, um die Hütte betreten zu können.

Die Hütten werden zumeist von den skandinavischen Tourismusverbänden betrieben, wobei es auch einige private Anbieter gibt, die den Mitgliedern der Vereine teils sogar einen Rabatt gewähren. Noch mehr gute Gründe für deinen Eintritt in einen solchen Wanderverein und die Unterschiede zwischen Schweden und Norwegen findest du in meinem Beitrag über die Mitgliedschaft im Tourismusverband.

Der DNT Nøkkel ist deine Eintrittskarte in viele Hütten (Foto: Malte Hübner)
Der DNT Nøkkel ist deine Eintrittskarte in viele Hütten

Besonderheiten bei den Hütten

Manche Hütte hat so ihre kleinen Eigenheiten. Eine nicht abschließende Liste von Besonderheiten, die mir bereits begegnet sind, möchte ich hier einmal aufführen:

  • kleine Sauna im Nebengebäude, zuerst wurde uns aber beim Holzhacken warm
  • abgetrennter Trockenraum mit Holzofen, der ebenfalls befeuert werden wollte
  • durchgängig geöffneter Winterraum ohne Ofen, aber mit zwei Betten
  • kleine Winterhütte mit wenig Betten, die große Sommerhütte nebenan blieb verschlossen
  • speziell wird es auf Wintertour mit Hund, weil die Hunde oft in einer extra Hütte bleiben müssen
  • Plumpsklo so weit entfernt, dass man fast schon Ski anziehen wollte
  • alle Lebensmittel im Shop waren über dem Mindesthaltbarkeitsdatum, aber noch in Ordnung
  • steile Treppe auf den Schlafdachboden
  • Bezahlung nur möglich mit skandinavischem Finanzdienstleistern wie swish in Schweden oder vipps in Norwegen, die nur Einheimischen zugänglich sind (dann bitte Kontakt mit Hüttenbetreiber aufnehmen)

Vorteile einer Hütte

Auf einer Wintertour über zwei Wochen ohne Hütten wiegen allein die Lebensmittel schon über 10 Kilo pro Person. Dank Zelt, der Ausrüstung zum Schlafen wie Schlafsack und Isomatten, einem großen Kocher und vielen anderen Dingen, kommt so viel Gewicht zusammen, dass du in der Regel auf eine Pulka zurückgreifen wirst. Dadurch entsteht noch mehr Gewicht, was dich beim Skifahren letztendlich mit etwa 35 kg ausbremst. Mit der Übernachtung und Verpflegung in Hütten kannst du viel Gewicht sparen. Auf Winter-Hüttentouren bist du also leichter unterwegs, somit auch schneller und kannst größere Etappen zurücklegen!

Auf den Hütten findest du meist Kissen, Decken, Brennholz und Gas-Kochstellen mit einigen Töpfen, sodass du auch hier viel Gepäck reduzieren kannst. Außerdem ist die Stimmung in der Hütte vor dem Kamin bei Kerzenschein eine ganz besondere. Dort kann man den Abend gemütlich und weit weg von der Kälte verbringen.

Nachteile einer Hütte

Anders als mit dem Zelt bist du nicht so flexibel, wenn du ausschließlich auf Hütten setzt, denn dann steht deine Tagesetappe einfach fest. Ganz oder gar nicht. Manchmal sind die Entfernungen dabei nicht gerade gering und du solltest dich konditionell gut einschätzen können. Auch bei Verschiebung der Etappen durch Aussitzen von schlechtem Wetter wird es knifflig, weil manche Hütten Vorbuchungen erwarten und du ohne Handyempfang nicht mehr umbuchen kannst.

Bei größeren Hütten kann zudem viel Betrieb sein und besonders um Ostern herum wird es wirklich voll. Ich persönlich säße da lieber abseits im Zelt, aber das ist eine Geschmacksfrage.

Wo finde ich die Hütten in Skandinavien?

Für die norwegischen Hütten findest du eine Übersicht über alle Hütten beim DNT. Viel komfortabler und mit Tourvorschlägen ergänzt, sucht es sich aber auf der Ut.no-Webseite.

In Schweden nennen sich die einfacheren Berghütten Fjällstuga und du findest eine Übersicht über alle Hütten beim Schwedischen Tourismusverband oder hier auf einer Karte. Es gibt auch noch die großen Fjällstationen. Diese lasse ich einmal außen vor, weil sie eher Hotel-Charakter haben.

Reichen Kvikk Lunsj, Apfelsine und Kreditkarte für eine Winter-Hüttentour?
Reichen Kvikk Lunsj, Apfelsine und Kreditkarte für eine Winter-Hüttentour?

Ausrüstung für eine Winter-Hüttentour

In Norwegen gibt es den Witz über die Langläufer im engen Skianzug, dass sie nur den DNT-Schlüssel für die Hütten, eine Apfelsine und ein Kvikk Lunsj mitnehmen. Der Rest wird dann mit der Visacard erledigt.

Und tatsächlich wäre das unter bestimmten Bedingungen auch wirklich so möglich. Sehr routinierte Skifahrerinnen und -fahrer brauchen bei gutem, stabilem Wetter vielleicht wirklich nur noch ihr Smartphone und einen Hüttenschlafsack und schon kann es vielerorts losgehen. Empfehlen würde ich das uns Durchschnittsdeutschen aber nicht! Es muss nur das Wetter kippen oder sonst etwas vom Plan abweichen und schon ist die Not groß.

Ein wenig Ausrüstung gehört für mich auf Hüttentouren immer ins Gepäck. Ich denke dabei zwar bereits an ein Notbiwak, möchte das Gepäck aber dennoch auf das allernötigste beschränken.

Kurze Packliste für Winter-Hüttentouren

  • Skiausrüstung mit Fjellski, Stöcken und Skistiefeln, etwas Skiwachs und Kurzfelle
  • leichter Rucksack mit etwa 45-60 Litern Volumen
  • minimale Sicherheitsausrüstung wie Windsack und Schneeschaufel
  • ein leichter Schlafsack bis -10 Grad und eine einfache Isomatte (bsp. TAR Z-Lite SOL)
  • Hüttenschlafsack für die Hütten (normale Schlafsäcke sind mancherorts verboten)
  • Karte und Kompass zur Navigation, bestenfalls dazu ein kleines GPS-Gerät
  • DNT-Schlüssel, Geldbeutel und ausgeschaltetes Smartphone, ggf. ein Notsender
  • ein kompakter Kocher mit Topf, am besten ein Aufsteckkocher wie den Primus Lite+
  • eine Kartusche Gas und einen leichten Feuerstahl
  • eine Thermosflasche mit 1 Liter Volumen und ein paar Teebeutel
  • den oben erwähnten Notproviant für mindestens eine Nacht und einen Löffel
  • wintertaugliche Bekleidung, die vor allem winddicht ist
  • darunter ein Satz lange Merinounterwäsche
  • warme Daunenjacke für die Pausen
  • Ersatzhandschuhe und Ersatzsocken
  • ein Ersatzshirt, falls du schwitzt
  • dunkle Sonnenbrille und Skibrille mit hellen Gläsern
  • Stirnlampe mit Ersatzbatterien
  • minimales Werkzeug wie ein paar Kabelbinder, Klebeband, Sekundenkleber und Nähzeug
  • ein Taschenmesser mit Schraubendreher
  • Erste-Hilfe-Set mit zusätzlichen Blasenpflastern und Schmerztabletten
  • Sonnencreme, kleiner Kulturbeutel und etwas Toilettenpapier
  • für den Abend ggf. ein gutes Buch, Kopfhörer und eine Powerbank

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Damit solltest du sicher auf Tour gehen können und bist auch für sehr einfache Hütten ausreichend ausgerüstet, falls dort mal etwas fehlt. Es wäre auch noch etwas Luft nach oben für den einen oder anderen Komfortgegenstand oder mehr Lebensmittel. Wahrscheinlich pendelt sich dein Rucksackgewicht am Ende bei 12-15 kg ein und damit lässt es sich noch gut Skifahren. Etwas Training vor der Tour schadet natürlich nicht.

Für Winter-Hüttentouren reicht ein Rucksack, mit Zelt braucht es die Pulka
Für Winter-Hüttentouren reicht ein Rucksack, mit Zelt braucht es die Pulka

Wenig Ausrüstung heißt, mehr können zu müssen

Zum Schluss möchte ich dich bitten, dich vorher gut in das Thema Winter-Hüttentouren in Skandinavien einzuarbeiten, die Verhaltensregeln für das Winterfjell zu kennen und auf mögliche Gefahren vorbereitet zu sein. Denn je weniger Ausrüstung du dabeihast, desto mehr bist du auf dein Wissen und Können angewiesen. Daher bietet es sich für den Anfang an, in bekannte Gebiete zu gehen. Oder vielleicht findest du eine geführte Tour, bei der du deine erste Erfahrung sammeln kannst.

Ansonsten solltest du dich ausführlich mit der Tourplanung und Navigation auf Wintertour beschäftigen, damit dich unterwegs keine Überraschungen wie geschlossene Hütten erwarten. Auch einen Notfallplan und jemanden, der deine Reiseroute kennt, solltest du dir vor der Tour organisieren.

Verhalten auf den Hütten

Auf den Hütten gibt es natürlich ein paar Regeln, damit die Nutzung reibungslos funktioniert und alle ihre Freude daran haben. Da manche Abläufe für Einheimische selbstverständlich sind, aber nicht immer explizit genannt werden, hier ein kleiner Knigge für Winter-Hüttentouren:

  • bei Ankunft Stiefel im Eingangsbereich ausziehen und damit nicht durch die Hütte laufen
  • zuerst den Ofen anzünden, damit es schnell warm wird
  • nasse Kleidung zum Trocknen aufhängen
  • Kammer bzw. Betten beziehen (ggf. Reservierung beachten)
  • Frischwasser besorgen (z. B. aus Eisloch)
  • mehr Brennholz sägen und hacken
  • Abendessen kochen und den Tag ausklingen lassen
  • dabei die Route für den nächsten Tag planen und ggf. Wetterbericht checken

Und bevor du die Hütte am nächsten Tag wieder verlässt:

  • Frühstücken und die Thermoskanne füllen, ggf. deinen Proviant aufstocken
  • Geschirr abspülen, abtrocknen und in die Schränke räumen
  • Abwasser nur in die vorgesehenen Behälter und an den gekennzeichneten Stellen entsorgen
  • Brennholzvorräte in der Hütte immer auffüllen und auch den Ofen schon für den nächsten Gast vorbereiten
  • Betten machen und auskehren
  • Müll sortieren oder noch besser wieder mit nach Hause nehmen
  • Eintrag im Hüttenbuch und Bezahlen von Hütte und Proviant
  • Hütte verschließen (auch alle Fenster oder Luftschlitze)

Wenn sich alle daran halten, ist es beim Betreten einer Hütte jedes Mal ein wenig so, als käme man nach Hause. Aber in dieser Behaglichkeit liegt auch die Gefahr auf Winter-Hüttentouren! Es ist viel leichter, in eine warme Hütte hineinzukommen, als am nächsten Tag wieder hinaus in die Kälte. 😉

Und nun empfehle ich dir zum Weiterlesen Simons Reisebericht über seine erste reine Hüttentour, samt detaillierter Packliste und Tourvorschlag.

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